Sie erlaubten, dass Eleonora auf dem Landgut ein Auskommen fand, wobei sie in der Küche helfen sollte. Marie fühlte sich für das junge Mädchen verantwortlich. Sie wollte ihre Eltern nicht enttäuschen, die Eleonora einen enormen Vertrauensvorschuss entgegen brachten. Gleichzeitig trieb sie die Wohnungssuche um, der Elenoras Auftauchen entgegen wirkte. Marie stieß einen Seufzer aus. Wenn Dora nur hier wäre! Sie hätte ihr einen guten Rat geben können, der den Umgang mit dem Mädel betraf. Marie dachte an die beunruhigenden Nachrichten. Die Inflation marschierte stetig voran, während mit ihr im Gleichschritt die Zahl der Arbeitslosen auf einen Höchststand kletterte. Sie verfolgte auch die politischen Aktivitäten eines jungen Österreichers. Adolf Hitler war der Shooting Star, den die extreme Rechte als gewieften Redner dringend benötigte. Man munkelte, dass der Emporkömmling einen Putsch plane, bei dem ihn das arbeitslos gewordene Militär tatkräftig unterstützte. Marie war trotz dieser besorgniserregenden Nachrichten entschlossen, alsbald auf eigenen Füßen zu stehen. Sobald Elenora in den Haushalt der von Erlbachs integriert war, wollte sie die erneute Wohnungssuche in Angriff nehmen. So verstrich ein Monat, indem sich nichts Besonderes ereignete. Dora weilte noch immer bei ihrer Schwester, der die Trauer um den verstorbenen Mann doch arg zusetzte. Marie beobachtete Elenora, die ihre Pflichten recht ordentlich erfüllte. Eines Morgens bat die Köchin um eine Unterredung. Marie betrat die gut ausgestattete Küche, in der die kräftige Frau das Sagen hatte. Die Köchin beschwerte sich bei Marie.
„Das Mädel ist wie ausgewechselt! Seit ein paar Tagen will Elenora nicht mehr hören, wenn ich ihr eine Arbeit auftrage. Ich weiß nicht, was mit ihr los ist. Vielleicht reden sie ihr ins Gewissen?“ Marie versprach, dass sie sich darum kümmern wollte.
Marie und das Waisenmädchen
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Marie und das Waisenmädchen
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