„Das hoffe und erwarte ich auch von Dir, Mariechen! Solltest Du erneut unfolgsam sein, werde ich andere Saiten aufziehen! Ich habe noch schärfere Mittel im Repertoire, die Du sicher nicht kennenlernen willst?! Sei also hübsch artig und benimm Dich, wie es einer vornehmen Dame geziemt!“
Erst nachdem alles hoch und heilig versprochen wurde, durfte sie endlich aufstehen. Marie fühlte sich ganz wacklig auf den Beinen, so sehr zitterten ihre Knie. Mit beiden Händen rieb sie ihren geschundenen Allerwertesten, um die Pein wenigstens ein bisschen zu lindern. Ihr wurde bewusst was sie erst erwartet, sollte ihre Züchtigerin einmal Ernst machen. Die Gouvernante durfte auf keinen Fall erfahren, dass sie sich mit Fritz verabredet hatte! Marie musste nun besonders vorsichtig sein, denn schon heute Nacht würde sie sich auf den Weg machen. Ihr Schoß sandte eindeutige Signale der Vorfreude aus, die sich mit dem Schmerz verbanden. Auf Geheiß Fräulein Jansens ordnete sie ihre etwas derangierte Garderobe. Ohne ein weiteres Wort über Maries Povoll zu verlieren, setzte die Jansen den unterbrochenen Unterricht fort. Einzig Maries verkniffenes Gesicht, das der unbequeme Stuhl verursachte, verriet das Geheimnis der beiden Frauen.
Viel zu langsam verging der restliche Tag! Das Mittagessen wollte Marie ausfallen lassen, doch Madame bestand auf ihrer Anwesenheit. Ohne recht Appetit zu haben, zwang sie sich eine Kleinigkeit zu essen. Die innere Unruhe legte sich erst, als der nachmittägliche Musikunterricht begann. Die Gouvernante war eine ausgezeichnete Pianistin, der Marie gerne zuhörte. Eine schwierige Passage spielte sie vor, die ihre Schülerin fast fehlerlos adaptierte. Sogar lobende Worte fand Fräulein Jansen, die als äußerst kritisch galt. Die Klavierstunde beendete sie auch etwas früher. Marie hatte endlich ihre Ruhe!
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