Marisa und der geile Mönch

6 7-12 Minuten 0 Kommentare
Marisa und der geile Mönch

Marisa und der geile Mönch

Anita Isiris

Mein Vater forderte mich wortlos auf, die winzige Kabine zu verlassen. Ich stolperte hinter ihm her und beobachtete atemlos, wie er einen schweren Klöppel ergriff und ihn gegen das wuchtige Tor schmetterte. Dann wandte er sich wortlos um, beschleunigte seinen Schritt, setzte sich auf den Kutschbock und verschwand kurz darauf im Nebel. Ich würde ihn niemals wiedersehen. Doch noch bevor ich diese Trennung in meine Seele sickern lassen konnte, liess mich ein knarzendes Geräusch herumfahren. Das Tor wurde geöffnet, und im Halbschatten sah ich einen feisten Mann in einer Möchskutte, der mich energisch hereinwinkte. Ich folge ihm mechanisch, in keiner Art und Weise ahnend, wohin ich mich da begab. Er kommandierte mich in einen geräumigen Seitentrakt, und mir entging nicht, wie er mich mit glitzernden, tief in den Höhlen liegenden Augen musterte. Er musterte mich nicht als Besucherin, sondern er suchte in meinen dicken, die Form verhüllenden Kleidern, nach einer nackten Frau. «Komm», sagte er rau und bugsierte mich zu einer breiten Sandsteintreppe. Diese wurde mit jedem Stockwerk schmaler und mündete in einen langen Korridor mit einer holzvertäfelten Decke. Es roch nach Bohnerwachs und mir schwante, dass Geld in diesen Gebäulichkeiten keine Mangelware war. Er schloss die hinterste Tür auf und wies mich in meine Kammer. Schicksalsergeben, wie ich war, legte ich meine Tasche aufs Bett und wandte mich ihm fragend zu. «Zieh Dich um», forderte er mich schmallippig auf. «Dann kommst Du mit ins Refektorium». Meine Bildung, die ich mir lesend, unter der schwachen Petroleumfunzel zuhause, angeeignet hatte, ermöglichte es mir, mit solchen Begriffen umzugehen. Ich wusste, was ein Refektorium war, und ich kannte den lateinischen Wortstamm. Ich würde somit bald Nahrung zu mir nehmen können. Klosternahrung. Frisches Brot, wie ich mir erhoffte, Käse, wie ich mir erträumte, Wein, wie ich mir ersehnte. Ich war mit meinen 18 Jahren keine Trinkerin, beileibe nicht, aber ich hatte mit der entspannenden, beruhigenden Wirkung von Wein bereits Bekanntschaft schliessen dürfen, als ich einem meiner Onkel zu Willen gewesen war, unten im Keller meines Elternhauses.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 14193

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben