Marlise

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Marlise

Marlise

Anita Isiris

Wenn ich mir überlegte, dass das da die selbe Frau war, wie auf den Fotos, auf denen sie alles gezeigt hatte? Sogar ihr Liebesloch?

Meine Schläfen pulsierten. Diese angedeutete Erotik hielt ich nicht länger aus. Ganz klar: Marlise wollte mich zu sich locken. Was hat denn eine Frau sonst für Gründe, nackt zu plätten? Ich eilte ins Bad, fuhr mir mit fahrigen Fingern durchs Haar, rasierte mich flüchtig. Wie ein Teenager kam ich mir vor – wie ein Teenager vor dem ersten Mal. Gewissermassen stand mir ja das erste Mal bevor. Das erste Mal mit der Frau, die ich begehrte. Die Tür zu ihr war unverschlossen. Symbolisch gesehen, meine ich.

Ich eilte durch den Garten, erreichte im Schatten der Pappeln den Zaun und setzte über in Marlises Reich. Ich hatte genau 50 Minuten Zeit. Dann musste ich damit rechnen, dass mein Handy klingeln würde. Annatina hatte die angenehme Angewohnheit, mich stets zu informieren, wann sie nach Hause kam. So konnte ich beispielsweise die Terabyte-Harddisk mit den zahllosen Internet-Pornos noch rechtzeitig im Kleiderschrank verstauen – ebenso meinen immergeilen Schwanz.

Ich befand mich also schwer atmend in Marlises Reich. Es würde keine grossen Umschweife geben. Kein Blabliblabla. Nackt war sie ja schon. Oft muss man die Frauen ja „nacktreden“ - oder, wie der Amerikaner so schön sagt, „talk her into it“. Ein derart umschweifiger Dialog würde mir erspart bleiben.

Ich war derart überzeugt, dass Marlise mich verführen wollte mit ihrer Hausfrauennacktheit, dass ich geradewegs zur Verandatür ging. Hier gab es keine Klingel. Das grosse Fenster gab den Blick frei auf meine Geliebte. Sie war noch immer nackt, noch immer am Plätten. Ich erkannte den Blauschein des Fernsehers. Es war windstill; der Mond versteckte sich hinter der Trauerweide. Der Himmel war violett.

Die Tür war unverschlossen. Ich trat selbstbewusst ein und ging geradewegs auf Marlise zu.

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