Martha Stone hörte unter starker Anspannung die Nachrichten. Nach dem japanischen Angriff auf den amerikanischen Stützpunkt in Pearl Harbour schienen sich die Ereignisse zu überschlagen. Martha dachte an das Jahr 1917 zurück, als ihr damaliger Freund William eingezogen wurde. Er hatte großes Glück, da er unbeschadet nachhause kommen durfte. Mittlerweile war aus Martha eine glückliche Mutter dreier Töchter geworden. Martha schenkte ihrem William drei Mädchen, womit sie ihren Mann durchaus glücklich machte. William akzeptierte die Tatsache, dass er auf einen Sohn verzichten musste, auch wenn er in wenigen Momenten damit haderte. Es war eben wie es war und die Natur ließ sich nicht umstimmen. Martha beging im letzten Monat ihren 43. Geburtstag und sie freute sich, all ihre großen Töchter, um sich zu haben. Gladys und Penny kamen am selben Tag kurz hintereinander zur Welt. Die Zwillinge zählten 18 Jahre, während Marthas Älteste sogar schon bald das 22. Lebensjahr vollenden sollte. Susan wohnte wie die Zwillinge noch immer im elterlichen zuhause. Es gab noch immer keinen Verlobten, nicht einmal einen Freund. William fragte sich schon, ob seine Tochter vielleicht keine Männer mochte, aber Martha tat dies als Unfug ab. „Sie braucht eben Zeit, William. Es sind andere Zeiten und die jungen Frauen wissen, was sie vom Leben erwarten.“ Dabei herrschte schon wieder Krieg in Europa, in den die Vereinigten Staaten nach dem Trauma von Pearl Harbour erst sehr spät eingriffen. Martha war froh, dass William ein Alter erreicht hatte, indem er nicht mehr eingezogen werden konnte. Die Eheleute hatten zudem das Glück, keine Söhne an die Front schicken zu müssen. William und Martha kannten genug Menschen, denen der Krieg mehrere Söhne genommen hatte, weil sie in fernen Ländern gegen Hitler und seine Verbündeten kämpften. Wobei ihre eigenen drei Mädchen freiwillig die Armee unterstützten, um Europa von diesem unerbittlichen Diktator zu befreien. Gladys und Penny sammelten eifrig Geld ein, das den Soldaten zugutekommen sollte. Die Zwillinge hatten ihren High-School-Abschluss in der Tasche und überlegten gerade, welches College sie besuchen wollten. Susan arbeitete als Sekretärin auf einem Luftwaffenstützpunkt der Army. Sie nahm ihre Aufgaben mit großem Engagement an und war bei Kollegen und Vorgesetzten sehr beliebt. Marthas Mutter Harriet war mittlerweile 68 Jahre alt geworden, aber sie trat noch immer sehr energisch auf. Martha dachte an ein Ereignis aus der jüngeren Zeit. Es mochte keine sieben Tage her sein, als die Zwillinge übers Wochenende die Großmutter besuchten. Nachdem sie und William die Mädchen am Sonntagabend abholten, fiel Martha etwas auf. Gladys und Penny setzten sich sehr zaghaft auf die Rückbank des Buick. Martha ahnte, wo die Ursache für dieses Verhalten liegen konnte. „Warte bitte, Willi. Ich möchte kurz mit Mutter sprechen.“ Gladys und Penny zeigten ein schiefes Lächeln, als Martha die Veranda ihres Elternhauses betrat. „Ma, hat es Probleme mit den Mädchen gegeben?“ Harriet Stone verzog keine Miene. „Sie meinten, dass sie sich nicht an die Regeln halten müssen. Ich habe sie überzeugt, dass dies nicht so ist!“ Martha seufzte hörbar. „Ma, ich bin für ihre Erziehung zuständig. Wenn Gladys und Penny Ärger machen, solltest du es mir sagen. Ich werde sie dann dementsprechend bestrafen.“ Harriet winkte mit einer raschen Handbewegung ab. „Unsinn! Ein Popovoll sollte direkt auf die Ungezogenheit folgen und nicht erst Tage danach. Die Mädchen werden sich hüten, noch einmal Stunden zu spät nachhause zu kommen. Ich habe den beiden die Popos versohlt. Mir tut immer noch die Hand weh, aber ich wette, dass den Mädchen die Hintern noch mehr schmerzen! Martha, du kannst ruhig zugeben, dass dir meine strenge Erziehung nicht geschadet hat! Du bist zu nachgiebig, was sich irgendwann rächen wird!“ Martha gab es auf, weiter mit ihrer Mutter zu diskutieren. Sie pflichtete ihr im Grunde bei, aber es ärgerte sie, dass Harriet sich in ihre Erziehung einmischte. Martha verabschiedete sich von ihrer Mutter. Heute würde sie nicht mehr zu ihr durchdringen.
Als William den Wagen in die Garage fuhr, betrat Martha mit den Mädchen die Wohnung. Gladys und Penny wollten sofort auf ihr gemeinsames Zimmer verschwinden, aber Martha ließ sie nicht.
„Was hat es mit Großmutter gegeben? Sie sagte mir, dass sie euch bestraft hat!“ Penny errötete und Gladys zupfte an einer ihrer schwarzen Haarsträhnen. Es war den Backfischen sichtbar peinlich, dass Martha Bescheid wusste. „Was ist nun? Weshalb hat Oma Harriet euch die Hintern versohlt?“ Penny stammelte: „Weil wir zu spät zum Essen gekommen sind. Mama, Großmutter ist viel zu streng! Gladys und ich sind keine Kinder mehr, aber sie behandelt uns immer noch so!“ Martha gab ihrer Tochter im Grunde recht. Es oblag ihr, die Mädchen zu bestrafen und sie nahm sich vor, noch einmal mit Harriet darüber zu reden. Sie erlaubte den Zwillingen, auf ihr Zimmer zu gehen. Die Mädchen waren froh, aus dieser peinlichen Situation herauszukommen. Als die beiden in ihrem Zimmer waren, schloss Susan die Haustüre auf. Martha begrüßte ihre älteste Tochter. „Wie war es auf der Arbeit? Du hattest sicher viel zu tun.“ Susan umarmte ihre Mutter. „Oh ja, ich musste eine Menge mitschreiben. General Clarke hat mir einige Nachrichten diktiert. Er befürchtet weitere Kampfhandlungen im Pazifik. Der Krieg geht in eine entscheidende Phase und dementsprechend sind alle sehr aufgeregt.“ Martha war stolz auf ihre Tochter. Susan gehörte zu den selbstbewussten, jungen Frauen, die fest im Leben standen. Martha musste bei Susan nie durchgreifen, während die Zwillinge öfters nach einer mütterlichen Zurechtweisung verlangten. Susan sah sich nach ihren Schwestern um. „Wo sind denn Gladys und Penny? Du wolltest sie doch heute abholen.“ Martha stieß einen leisen Seufzer aus. „Das haben wir auch. Dein Vater und ich haben die Zwillinge bei Großmutter eingesammelt. Es gab wieder Ärger.“ Martha unterhielt ein vertrautes Verhältnis zu ihrer ältesten Tochter. Susan konnte sich daher denken, was sich im Hause der Oma abgespielt hatte. „Oh weh, dann hat Großmutter bestimmt nach ihrer Haarbürste gesucht.“ Martha lächelte. „Nein, auf die hat sie glücklicherweise verzichtet. Sie hat Penny und Gladys übers Knie gelegt und ihnen die Popos versohlt. Ich finde diese Bestrafung nicht so gut, da es eigentlich meine Aufgabe sein sollte.“ Susan gab ihrer Mutter Recht. Sie selbst kam nie in solch eine Verlegenheit. Weder bei Martha noch bei ihrer Großmutter Harriet. Susan gehörte zu den vernünftigen Mädchen, während ihre Schwestern richtige Wildfänge sein konnten. Trotzdem taten ihr die Mädchen leid. „Es ist sicher beschämend, wenn einem mit 18 der blanke Po versohlt wird! Ich finde, dass solche erniedrigenden Strafen nicht sehr zeitgemäß sind.“
Martha widersprach ihrer Tochter. „Das sehe ich anders, Susan. Penny und Gladys brauchen diese besondere Form der Zuwendung. Wenn ich sie unter sechs Augen bestrafe, geschieht dies in einer intimen Umgebung. Die Mädchen haben es selbst in der Hand, ob sie Haue auf die nackten Popos bekommen!“ „Hör auf, Mum, das ist ja schrecklich! Ich würde tausend Tode sterben!“ Martha küsste ihre Tochter. „Bei dir war so etwas ja auch nie nötig, Susan!“ Die junge Frau war froh, als ihr Vater hereinkam und das Thema gewechselt wurde. Susan überkam ein diffuses Gefühl der Unsicherheit. Sie hatte immer alles unterlassen, was ihr Ärger einbringen konnte. Nun gab es aber ein Geheimnis, das sie ungern teilen wollte. Susan ahnte, dass ihre Eltern darauf mit Empörung reagieren würden. Sie dachte an Linda, ihre Kollegin. Beim Mittagessen in der Kantine spürte sie es zum ersten Mal. Linda setzte sich neben sie und Susan entdeckte ein Glitzern in ihren blauen Augen. Einige Tage später gingen sie zusammen ins Kino. “Casablanca“ der neueste Film des Regisseurs Michael Curtiz lockte die Menschen in die Lichtspielhäuser. Humphrey Bogart spielte neben Ingrid Bergmann die Hauptrolle in diesem bewegenden Melodram. Der Film handelte von politisch Verfolgten, die nach Amerika wollten. Die Handlung war von beklemmender Aktualität, die Susans sensibles Gemüt trübte. Neben Linda fühlte Susan sich trotzdem sicher und auf merkwürdige Weise geborgen. Im Verlauf des Filmes wanderte Lindas Hand. Sie berührte Susans Bein und in diesem Moment verliebte sie sich unsterblich. Susan erinnerte sich an einen Film, von dem ihre Mutter berichtet hatte. “Rebecca of Sunnybrook Farm“ mit der großen Mary Pickford. Martha war von dem Stummfilm sehr beeindruckt und als Susan ihren 17. Geburtstag feierte, erzählte sie ihrer Tochter davon. Susan erfuhr, dass ihre Eltern gemeinsam ins Kino gingen, um diesen Film anzuschauen. In der Dunkelheit des Saals beschlossen sie ihre Verlobung. Susan keuchte, als Linda in ihr Höschen fuhr. Die schwüle Atmosphäre des Films übertrug sich auf sie selbst. Während Humphrey Bogart die berühmten Worte sprach, öffnete Linda ihre Lippen. Susan konnte dem nichts mehr entgegensetzen. Sie erwiderte ihre Liebkosungen, die immer intensiver ausfielen. Susan schauderte bei dem Gedanken, dass ihre Eltern von diesem Kinobesuch erfahren könnten. Eine lesbische Beziehung würde das Verständnis von Martha und William bei weitem übersteigen. Kurz vor Ende des packenden Films entzog Susan sich Lindas Berührungen. Trotz aller Vorsicht wurden sie beobachtet. Eine Nachbarin sah, wie die Frauen hinter einer Litfaßsäule einen kurzen, aber intensiven Abschiedskuss tauschten. Linda drückte Susan an ihren schlanken Körper, während sie ihren Hintern sanft streichelte. Die überaus neugierige Dame namens Miss Clancy berichtete Martha von ihrem Wissen. Martha versprach, mit Susan zu reden, wenn die Nachbarin ihre Beobachtung für sich behalten wollte. Miss Clancy ließ sich auf diesen Handel ein. „Sie müssen solchen widernatürlichen Neigungen entgegenwirken. Es ziemt sich nicht, wenn zwei Frauen solche Zärtlichkeiten austauschen!“ echauffierte sie sich. Martha war froh, als Miss Clancy endlich ging. Sie befand sich in einer aufgewühlten Stimmung, die ihren Puls nach oben trieb. Als William mit den Zwillingen zu einer Sportveranstaltung ihrer früheren High-School fuhr, nutzte Martha diese Gelegenheit für ein klärendes Gespräch mit Susan. Sie bat ihre Tochter, ins Wohnzimmer zu kommen, da sie etwas mit ihr besprechen wollte. Susan nahm ein beklemmendes Gefühl wahr. Sie spürte, dass es Ärger geben würde. „Miss Clancy war bei mir. Sie behauptet, dass du eine sexuelle Beziehung zu einer Frau unterhältst. Ist das denn wirklich wahr, Susan?“
Marthas Mädchen
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