Nina besuchte eine Fachhochschule, über deren Ausrichtung hier nicht geschrieben werden soll, weil demnächst sowieso alle Menschen einen Fachhochschulabschluss haben, und dann wird es scheissegal sein, woher man kommt, was man tut, und wohin man geht. Wir werden zu desorientierten Dödeln und Dödelinnen, analog amerikanischen College-Absolventen. Nina hatte aber Fallstudien zu erarbeiten, und das tat sie in ihrem vier Quadratmeter grossen Zimmerchen, in dem kaum ihr Bett Platz hatte, ganz zu schweigen vom kleinen Pult, das ihr Vater beim Trödler im Nachbarquartier erstanden, nach Hause gebracht und in ihr Kämmerchen gepfercht hatte. Privates besass Nina kaum. Die Ausnahme bildeten ein paar abgegriffene Fotos von einem der wenigen Schulausflüge, an denen sie teilgenommen hatte. Auf diesen Bildern sah man Nina mit strahlendem Lachen auf einem Baum, kauernd vor einer Pfütze oder im Widerschein des Grillfeuers mit ein paar andern Schülerinnen.
Zudem besass Nina ein kleines Radio, das sie wie ein Juwel hütete und in der untersten Pultschublade versteckte, obwohl kaum je die Gefahr bestand, dass es ihr jemand entwenden könnte. Für Nina und ihren Besitz interessierte sich eh keiner.
In der australischen Stadt Mount Isa leben fünfmal mehr Männer als Frauen. Jetzt sucht der Bürgermeister mit ungewöhnlichen Methoden neue Bräute für die Minenarbeiter.
vernahm Nina aus dem klirrenden Radiolautsprecher.
Deshalb forderte er «optisch benachteiligte Frauen» auf, nach Mount Isa zu ziehen. Denn hier würden auch «hässliche Frauen» glücklich werden: «Oftmals geht man die Strasse entlang und sieht weniger attraktive Frauen mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Ob es eine schöne Erinnerung oder die Vorfreude auf den nächsten Abend ist – da ist eine gewisse Fröhlichkeit», sagte der Bürgermeister.
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