Mein Nächtebuch

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Mein Nächtebuch

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Philipp Sonntag


Pronto schnüffelte, wollte gerade „Kokain“ notieren, als von der Wohnungstür ein schleifendes, leises Geräusch kam. Pronto war im Nu dort, hatte die Hand am Abzug seines Revolvers und stellte sich hinter die Tür. Er nahm einen Mann in den 50ern in Empfang: „Halt, Polizei, wer sind Sie. Was wollen Sie hier?“
„Das wollte ich Sie gerade fragen, ich bin der Nachbar, Willi Piontek“.
Willi hatte eine sanfte Stimme, war sichtlich erschrocken, hatte einen seidigen, dunkelroten leicht golden glänzenden Anzug an und verströmte einen schweren Duft; Pronto rätselte ob das wohl Ambra war, ein Hauch von Moschus dabei? Er steckte den Revolver weg.
„Pronto, Kriminalkommissar“, er hielt Willi seinen Ausweis vor die Nase. Die Dogge begrüßte auch Willi freudig. Willi wich etwas zurück: „Ja, ist ja gut Wolfo“, lass’ gut sein,“ und sich Pronto zuwendend, „was ist mit Harald, ich meine, mit Herrn Moosheimer?“
Pronto behielt Willi fest im Auge: „Seine Leiche wurde gestern gefunden ...“, er hielt inne, als er sah wie Willi blass wurde, sich langsam auf einen Stuhl sinken ließ, sich an der Tischkante festhielt.
Pronto wartete einen Moment, fragte dann behutsam, aber bestimmt: „Waren Sie befreundet?“
„Ja, schon, ich meine so als Nachbarn und manchmal auch mehr – mehr mal so gelegentlich.“
„Sie hatten doch die Vermisstenanzeige aufgegeben, am 8. Mai.“
„“Ich, ja, wieso, ich meine woher, wie kommen Sie darauf, das war doch ...“
„Anonym, Sie wissen es – warum eigentlich?“
„Jetzt haben Sie mich, ach, na ja, Harald sagte immer, er will nichts mit der Polizei zu tun haben, und ich fürchte mich auch vor, na ja, Schwierigkeiten, ich meine nur so ...“.
„Verstehe, wie lange hatten Sie mit der Anzeige gewartet?“
„Gar nicht, gleich am nächsten Tag, am 6. Mai – nachdem sein Hund ganz allein und mit blutenden Wunden zurück gekommen war.“
„Das hätte uns ja damals durchaus interessiert. War Herr Moosheimer in der Sado-Maso-Szene zuhause?“
Willi bestätigte sofort, er war sichtlich verlegen und verunsichert. Wolfo begann zu jaulen, unruhig hin und her zu laufen. Willi war überrascht: Pronto ließ ihn mit Wolfo nicht gleich hinaus, rief erst Kollegen, die kurz danach da waren. „Wir müssen auch Ihre Wohnung untersuchen“, erklärte Pronto, als er Harald den Wohnungsschlüssel abnahm, „Sie sind doch einverstanden?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Kleinlaut verließ Willi mit Wolfo die Wohnung.

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