Mein Nächtebuch

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Mein Nächtebuch

Mein Nächtebuch

Philipp Sonntag

Harald hatte Telefongespräche auf einem Tonbandgerät aufgenommen. Pronto hörte sich einige Gespräche an, dann war klar, Harald war immer der mit der rauen Stimme, er nannte sich ‚Filou’, so auch in der allerletzten Aufzeichnung:
„Filou.“
„Ah ja gut, deine Anzeige war im Zitty, könnte zu uns passen.“
„Wer seid Ihr denn?“
„Kleine Sex-Gruppe, nahe Berlin, Hi-Life meist am Wochenende. Was muss man denn so anlegen?“
„Für eine kleine Gruppe zum Einstieg und vorab 50 pro Person, das ist mit oral zur Begrüßung für jede und jeden; bei Vierern ist es ab 400, bei nur Massage wäre es 200, alles safe, hygienisch, ich lege Wert auf ruhige, entspannte Atmosphäre.“
„Sowieso, und – bei 400 nimmst Du den Mund richtig voll?“
„Schon, ey – aber keine Fotos!“
„Nee nee – aber, sind deine Kunden zufrieden?“
„Total, so was ist Berlin, nirgends sonst. Wo seid ihr denn?“
„Richtung Polen, über Straussberg raus. Holen Dich am S-Bahnhof ab, ich hab `nen giftgrünen Hut auf. Freitag 19 Uhr ok?“
„Schon ok.“
„Also gut, bis dann.“

Mit aufgezeichnet waren der fünfte Mai 2032 und eine Handynummer. Die Rückfrage bei den Kollegen ergab: Geklautes Handy, abgemeldet, keine ergiebige Spur. Pronto widmete sich wieder den Schriften, nach ein paar Minuten ließ er sich in einen Sessel fallen.
„Mein Nächtebuch“, sagte Pronto vor sich hin, so stand es vorne auf dem dicken Kalender, jeder Tag eine Seite. Die Eintragungen hörten am siebten Mai auf. Am dritten Februar war eine Anzeige eingeklebt:

Massagen und mehr für genüssliche Zwei- und VierbeinerInnen, mit Finger- und Zungenspitzengefühl, auch gerne für kleine Gruppen, nur safe, hygienisch und diskret, Anfragen mit Tel bei filou@yahoo.de

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