Metro

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Wie zufällig sah sie über ihre rechte Schulter und stellte fest, dass er sie musterte. Sein Blick ging ihr direkt unter die Haut.

Ruckartig kam die Bahn an der nächsten Station zu stehen, und völlig überraschend stieg der blonde Unbekannte mit dem Wahnsinnslächeln und den durchdringenden blaugrünen Augen aus. Ohne ein Wort, ohne sich umzudrehen.

Chantal war beinahe enttäuscht. Ihr Herz raste immer noch wie verrückt. So etwas hatte sie noch nicht erlebt. Schon an der nächsten Station musste auch sie aussteigen.

Die Metro spuckte Unmengen von Menschen aus: Banker, Versicherungsagenten, Rechtsanwälte, Firmenchefs, Sekretärinnen. Sie alle hetzten die Stufen ins Zentrum hinauf. Schon am frühen Morgen waren sie derart in Hektik, dass kaum jemand die Wetterveränderung wahrnahm.

Dicke Schneeflocken fielen vom Pariser Himmel und schmolzen augenblicklich auf der noch zu warmen Erde. Für einen Moment genoss sie die ersten Flocken auf ihrem Gesicht. Bald aber wurde es ihr zu kalt, sie hatte aus Bequemlichkeit auf ihren Trenchcoat verzichtet, und sie machte sich eilig auf den Weg in ihr Büro.

Den ganzen Tag über ging ihr der faszinierende Mann aus der U-Bahn nicht aus dem Kopf. Ihre Gedanken schweiften immer wieder ab. Was sie von sich so gar nicht kannte: sie gab sich Tagträumereien hin!

Wieder glaubte sie eine kräftige Hand auf ihrem Hintern zu spüren. Sie sah sich das aufgesteckte Haar lösen, es wallend auf ihre Schultern fallen.

„Chantal, willst du nicht langsam mal den Hörer abheben?“ fragte Suzette etwas genervt. „Wo bist Du nur mit deinen Gedanken?“

„Hm?“ Chantal schaute irritiert zu ihrer Kollegin. Das Telefon klingelte unaufhörlich.

„Oh“, leicht errötend nahm sie endlich den Anruf entgegen und zwang ihre Gedanken in geordnete Bahnen.

Endlos schien sich dieser Arbeitstag hinzuziehen. Das kurze Szenario am Morgen in der Metro hatte sie völlig aus dem Konzept gebracht. Doch der Mittwoch war der Tag, an dem sie bis in die späten Abendstunden hineinarbeiten musste. 21.00 Uhr - sie beschloss, dass es für heute mehr als genug war.

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