Die Mexikanerin

5 27-41 Minuten 0 Kommentare
Die Mexikanerin

Die Mexikanerin

Yupag Chinasky

Alle Versuche, eine normale, ordentlich bezahlte Arbeit zu bekommen, scheiterten, wenn nicht an der fehlenden Qualifikation, dann an ihren fehlenden Deutschkenntnissen. Schließlich war sie gezwungen, das zu tun, was sie auch ohne große Sprachkenntnisse konnte, wenn auch immer am Rande der Legalität und immer mit der Angst, trotz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis, abgeschoben zu werden. Mit der Zeit hasste sie es geradezu, in einem Beruf tätig zu sein, den sie nie angestrebt hatte, für den sie kein Talent besaß und dem sie somit auch ziemlich lustlos nachging. Und auch in diesem Beruf hatte sie meistens das Nachsehen, weil die aggressiven, viel jüngeren Osteuropäerinnen oder die deutlich billigeren Nutten aus Afrika ihr regelmäßig die Kunden wegschnappten. Deshalb tat sie gerade mal das Nötigste, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und regelmäßig Geld an die Oma zu schicken, um so für die Ausbildung der Kinder zu sorgen, was ihr sehr am Herzen lag und ihr die Motivation gab, trotz allem, weiterzumachen. Sie hatte aber auch nichts unternommen, um ihre Qualifikation zu verbessern und sich nach anderen Möglichkeiten umzusehen und ihre Deutschkenntnisse blieben rudimentär, denn sie hatte vor allem Umgang mit ein paar Frauen, die Spanisch sprachen, somit war sie nicht gezwungen, mehr Deutsch zu lernen, als das, was sie für ihren Job brauchte. Da sie auch nur ein paar Brocken Englisch sprach, war das eine weitere schlechte Voraussetzung für eine Karriere in diesem Land. All das waren ausreichende Gründe für ihre Enttäuschung und ihren Frust, für ihre Traurigkeit und ihre Resignation, die sie auf der Straße nicht zeigen konnte, um nicht auch noch die letzten Kunden abzuschrecken. Aber hier, im „Frühaufsteher“, ihrem Stammlokal, irritierte das niemanden, hier waren genügend Enttäuschte und Desillusionierte und hier fand sie wenigstens ein bisschen Trost und Unterstützung.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 5708

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben