Kapitel 3
Die nächsten Tage verlaufen weiter ungewohnt für mich. Den Haustürschlüssel hat sie von Fips übernommen, so kann sie kommen und gehen, wie sie möchte. Mir ist bewusst, dass ich meinen eigenen Vorsatz, Fips‘ Nachfolger keinen Schlüssel zu überlassen, damit selbst ausgehebelt habe.
Ihre Nähe ist angenehm. Die Zeit mit ihr ist kurzweilig. Immer fällt ihr etwas ein um mich zu beschäftigen. Lange- weile kommt nicht auf, so wie sie’s versprochen hat. Lange Spaziergänge im Wald oder im Park, Entenfüttern oder „Mensch ärgere dich nicht“ (oder Monopoly, Kniffel, Mühle oder lange Schachpartien … etc.) bei schlechtem Wetter. Selbst zum täglichen Einkaufen, was Fips sonst alleine gemacht hat, schleift sie mich mit. Oft muss ich meinen Stuhl alleine antreiben, um die Arme zu trainieren. Zur Physiotherapie begleitet sie mich auch. Ich habe eingewilligt, dass sie dabei sein darf. So lernt sie nebenbei einige Übungen für zuhause, wo sie mich immer wieder zum Bewegen motiviert. In der Dusche lässt sie mich nach und nach immer länger stehen. Das kräftigt die Beinmuskeln.
Fast vier Wochen ist sie nun bei mir. Ich habe mich an sie gewöhnt, an ihre Berührungen gewöhnt, an ihre Nähe, ihre bestimmende Art, mit der sie mich immer wieder nervt und antreibt. Ich ertappe mich dabei mir einzugestehen sie zu vermissen, in jeder Minute, die sie nicht bei mir ist. Es ist schön, wenn sie da ist. Schon lange habe ich nicht mehr an Selbstmord gedacht oder hatte längere depressive Phasen.
Heute Morgen, als sie mich aus dem Bett in den Rolli hebt, habe ich eine heftige Morgenlatte. Kurz zögert sie, lächelt mich an und zieht mich weiter auf den Stuhl. „Macht nichts, sieht schön aus.“ flüstert sie mir ins Ohr, während ich knallrot mit beiden Händen die mächtige Beule in meiner Pyjamahose abzudecken versuche.
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