Jeden Morgen fuhr er mit der Seilbahn von Funchal nach Monte hinauf. Das war die beste Möglichkeit zur Arbeit zu gelangen. Die verglasten Kabinen glitten teilweise atemberaubend dicht über die, in die steilen Hänge gebauten, Wohnhäuser hinweg, was seiner voyeuristischen Ader entgegenkam. Ab und an war seine konzentrierte Ausschau auf Dachgärten, Balkone und in weit geöffnete Schlafzimmerfenster bereits belohnt worden. Ein rammelndes Touristenpärchen in einer Ferienwohnung, nackte Yogaübungen auf dem Dachgarten oder unbekleidet ins Badezimmer huschende Damen hatte er zuweilen erspäht.
Alles änderte sich an dem Tag, als er mal seinen Blick in eine andere Richtung konzentrierte und dabei über ein Fenster „stolperte“, dass ihm Einblick in ein Schlafzimmer gewährte. Auf dem Bett lag eine Frau, breite Hüften, buschige Scham, der Oberkörper war leider während der Vorbeifahrt seinem Blick entzogen.
Sie lag auf dem Bett? Ja, dass auch, aber das bemerkenswerte war, dass sie es sich besorgte, mit ihren Fingern. Das war geil. Viel zu schnell gingen die wenigen Sekunden vorbei, die den Einblick gewährten. Er war sehr gespannt auf den nächsten Tag und wurde nicht enttäuscht. Das gleiche Schauspiel, aber wieder sah er nur den Unterkörper der Unbekannten. Mit flinken Fingern stieß sie in sich, während die Finger der anderen Hand die Möse spreizten. Sie schien sich Zeit zu lassen, denn wie sich in den nächsten Tagen und Wochen herausstellte, verpasste er nur selten die Art der unbekannten Lady ihren Tag zu beginnen.
Wie sie wohl aussah? Der Busch war sehr dunkel, ihre Haut gebräunt, das Becken wie erwähnt breit. Und so träumte er sich passend dazu üppige schwere Brüste, die wie große Pfannkuchen platt auf ihrem Brustkorb ruhten, während sie die Balalaika spielte. Sie würde ein schönes Gesicht haben, da war er, ohne genaue Vorstellungen davon zu entwickeln sicher. Und lange Haare würde sie haben, glatte lange Haare und buschige große Augenbrauen. So sah sie aus, die Lady, in seiner Fantasie.
Das Ganze ging über Monate. Missmutig verließ er die Gondel, wenn er sie mal verpasst hatte, besonders beschwingt, wenn er den Moment erwischte, in dem sie sich aufbäumte, weil sie offensichtlich gerade ‚le petite morte‘, den ‚kleinen Tod‘ starb. Drei, viermal war das Timing perfekt gewesen.
In den letzten Wochen bemerkte er, wie sich das ganze bei ihm zur Obsession entwickelte. Er ging seine Möglichkeiten durch, immer und immer wieder. Eigentlich gab es nur zwei: er genoss, solange es eben ging dieses kleine Schauspiel, den madeirischen Einakter im Fingertheater und erging sich dabei in seinen Fantasien, was sich noch alles ergeben könnte, oder er spürte die Unbekannte auf und sprach sie an.
Entweder zerstörte er damit den Quell seiner Fantasien, denn als kräftiger junger Mann beendete er nicht selten noch vor Arbeitsbeginn in einem wilden Handgemenge auf der Herrentoilette seine Erregung, oder er brach auf zu neuen Ufern. Er war schließlich Single und nicht unansehnlich, und die schlimmste Komplikation die er sich auszumalen vermochte, war, dass sie dem weiblichen Geschlecht zuneigte. Denn einen Besorger hatte sie nicht, da war er ganz sicher.
Er rang Wochen mit sich, bis er endlich einen Entschluss fasste. Er würde sie aufsuchen!
Monte
Die Madeira-Trilogie
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Monte
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Danke für die Rückmeldung...
schreibt Anamur
Voyeur
schreibt PKH