Nach der Uni

Heute war ein anstrengender Tag in der Uni. Erst die nervige Vorlesung bei dem Professor, der seine Aufgabe wörtlich nahm und aus einem Soziologiebuch vorlas – und das fast 90 Minuten durchgehend! Der riesige Hörsaal mit fast 300 Studierenden, von denen vermutlich mehr als die Hälfte auch nur aufgrund der Anwesenheitspflicht diese Prozedur über sich ergehen ließ. Ich war anschließend mit meinen vier besten Freundinnen aus dem Hörsaal gestürmt, den langen, hellen Gang zwischen Bibliothek und Hörsälen entlang Richtung Mensa. Wie konnte man bloß so eine Schlaftablette sein als Dozent?  Ich schüttelte den Kopf und hakte mich bei Simone ein, die mit schnellen Schritten auf die Flügeltür zum Eingang der Mensa zusteuerte.
„Hab ich einen Kohldampf“, seufzte sie laut auf. Mir ging es ähnlich, denn ich hatte heute Morgen in der Eile nicht gefrühstückt und war schnell zum ersten Seminar geradelt. Von meiner gemütlichen WG bis zum Univiertel waren es nur knapp 15 Minuten, wenn man schnell fuhr. Jetzt, gegen Mittag, war der Andrang bei der Essensausgabe riesig. Wir stellten uns an, scherzten miteinander und beobachteten die Studenten in der Reihe. Simone machte keinen Hehl daraus, wenn sie jemanden gut fand, und teilte mir das auch jetzt mit.
„Guck mal, der dunkelhaarige da vorne. Der mit dem Sportrucksack und der kurzen Hose, der vor Tim steht.“
Ich folgte ihrem Blick. Ja, der sah ganz lecker aus, da musste ich ihr recht geben. Was Männer anging, hatte Simone einen guten Geschmack. Und sie hatte ein echtes Talent zum Flirten, was man von mir nicht behaupten konnte. Ich war meistens zu schüchtern, beobachtete lieber. Wenn ich doch jemanden ansprechen wollte, zögerte ich lange und kam mir dabei doof vor. Also ließ ich es in den meisten Fällen bleiben und bewunderte nur aus der Ferne.
Einmal hatte ich Simone auf ein interessantes männliches Objekt aufmerksam gemacht. Und was tat sie? Ging direkt hin, sprach den Typen mit einem zuckersüßen Lächeln an und verwickelte ihn in ein Gespräch.