Nach Feierabend

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Nach Feierabend

Nach Feierabend

Chloé d'Aubigné

Unsere Körper fanden sich, zuerst noch tastend, dann immer mutiger. Seine Hände griffen fester zu, während ich spürte, wie sich unsere Wärme unter der Bettdecke mischte, mein Atem schneller wurde, als seine Lippen sich an meiner Brust verloren. Für einen Moment gab es nur noch Haut und Verlangen, kaum noch Raum zwischen uns – wir ließen uns treiben in einer Welle aus langsamen, aufeinander abgestimmten Bewegungen, spürten das Zittern und die starke Nähe, wenn wir uns aneinander festhielten. Als ich zum Orgasmus kam, war es kein lauter Höhepunkt, sondern ein Erreichen eines Ortes, an dem alles weich und grenzenlos wurde. In diesem Moment zählten nur Streicheln, Flüstern, das Driften und das Nachgeben – voller Sehnsucht, Wärme und einem Gefühl von Zeitlosigkeit.
Unsere Nacht war nicht laut oder rauschhaft, sondern ein leises Ertasten, ein vorsichtiges Ankuscheln und sich Fallenlassen. Kaum Worte, nur Blicke, kleine Gesten, die Fremdheit und Vertrautheit gleichzeitig in sich trugen. Er verlor seine Unsicherheit Stück für Stück; wir lachten leise, als er an meinen Haaren schnupperte und den Farbgeruch an seinen Fingern wiedererkannte. Nichts war einstudiert, nichts vorherbestimmt – und gerade darin lag der Zauber.
Später, als wir eng ineinander eingerollt dalagen, mein Kopf auf seiner Schulter, spürte ich, wie dieses erste gemeinsame Näherkommen nachwirkte – und dass es sich nach etwas anfühlte, was ich nicht mehr missen wollte.
Ein leichter Windstoß holt mich zurück in die Realität, zurück in den Park – mein Kleid noch immer leicht um die Beine, die Sonnenstrahlen weich auf der Haut – zurück in mein aktuelles Glück.
Als ich nach Hause komme, empfängt mich das vertraute Knarren der Treppe. Ich höre schon das leise Scheppern aus der Küche – er ist bereits da. Mein Künstler, der damals im Wartezimmer verloren wirkte und sich heute so selbstbewusst in unserer Wohnung bewegt. Er, der sich mit der gleichen Sorgfalt um unser Lieblingsessen kümmert, wie er immer noch seine Leinwände behandelt. Wir sind beide nicht mehr die, die wir einmal waren. Er, keineswegs mehr schüchtern oder verirrt im Getriebe der Welt; ich, nicht mehr versessen auf Beweise und Siege, sondern angekommen – und offen für das Glück, das sich im Alltäglichen versteckt.
Manchmal neckt er mich, sagt, ich sei zu staatsdienerhaft geworden. Ich lache dann, küsse ihn – und meistens landen wir danach im Bett. Dort ist unser Ort für Leidenschaft und für Spiele. Mal zärtlich, mal unverschämt, mal himmlisch banal.
Ich stelle die Tasche ab, ziehe mein Kleid ein wenig glatt. Draußen sinkt das Licht langsam tiefer zwischen die Bäume. Drinnen in der Küche wartet er auf mich – nicht als Traumfigur oder Märchenheld, sondern als der Mann, mit dem ich lächle, lache, lebe, liebe, stolpere und genieße. Wir wissen beide, dass wir angekommen sind. Und noch lieber: dass wir es genießen dürfen.

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Genau.

schreibt Bernard

Ach, das wär's.

Gedichte auf den Leib geschrieben