Die Nachbarin

Geschichten vom Anfang der Träume

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Die Nachbarin

Die Nachbarin

Stayhungry

Gerade als er auf sie zugehen und antworten wollte, dass er ja schnell nachsehen könne im Gebüsch, da hatte sie schon ohne Eile einen Schritt hinein gemacht in sein staubiges Refugium und fragte lächelnd, mit einem verschwörerischen Unterton: In der Werkstatt haben Männer doch ihren Giftschrank?

Er wich zurück. Diese unvermittelte Anspielung auf persönlich-intimes, auf sexuellen Notstand und dessen meist dürftige Abhilfen ließ ihn hochrot werden, obwohl doch sie in seinen privaten Bereich so unvermittelt eingedrungen war. Sein Herz schlug bis zum Hals. Natürlich hatte sie recht. Do-it-yourself war für ihn leider auch in diesem Bereich nicht unvermeidlich.

Was hinderte ihn daran, sie höflich oder auch nicht hinaus zu komplimentieren? Alles, alles in ihm, in seinen Gefühlen. Trotz weicher Knie war Anderes, Wichtiges, Zentrales sehr hart. Ihr freundlicher Spott barg die Gefahr einer Blamage in sich, sie spielte mit ihm. Aber das gerade war etwas, das er schon so lange nicht mehr genießen durfte: das Spiel mit der Frivolität, der eindeutigen Zweideutigkeit, der Verheißung ohne jegliches Bekenntnis.

Bei all dem kam sie näher, vollkommen unaufgeregt, unangefochtene Herrin des Geschehens. Auch sie schien es sehr zu genießen. Fast wich er ein wenig zurück und nickte verschämt. Was jetzt? Würde sie sich damit zufrieden geben?

Aha, Volltreffer, sagte sie. Ich würde diese Briefmarkensammlung gerne mal sehen, man wüsste ja gern mehr über seinen Nachbarn.

Das war nun die Katastrophe, denn hier fanden sich nicht nur knapp zwei Jahrzehnte tabuloser Akte aus trefflich fotografierten British Magazines, nein hier gab es auch das, was die Bezeichnung Giftschrank rechtfertigte. Da waren die klassischen Bildreihen mit Begattungs- und Ergussszenen, die opulenten Huldigungen an den Analverkehr und die exzessive Darstellung jener gemeinhin verpönten oder zumindest streng tabuisierten gewalt- und unterdrückungsfreien Erregungspraktiken, die eine unvergleichliche Manifestation orgiastischer Grenzüberschreitung, das Abstreifen jeglicher Hemmungen, die uneingeschränkte Hingabe an den Trieb verkörpern, eben jene ergebene Verehrung für den güldenen Saft des Weibes, des Leibes.

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