Was, verdammt nochmal, ist am Vögeln so schlimm? fragte ich verständnislos. K. zuckte die Schultern. Mit mir fragst du den Falschen. Ich kann mich nicht hineinversetzen in die Lustlosigkeit. Ich könnte mir nicht vorstellen, ein Interesse meiner Frau als unangenehm oder unpassend zu empfinden. Und wenn ich unpässlich wäre, würde ich es ihr halt mit dem Mund besorgen. Eure weibliche Sexualität ist ja so vielschichtig, dass die Möglichkeiten schier unbegrenzt sind. Ich bin fast neidisch, grinste er. Sie kommt mir ja auch entgegen. Aber es würde mich deprimieren, wenn meine Frau sich einfach nur fügte. Sie lässt sich nicht verbiegen. Wenn sie mich will, will sie mich wirklich.
Das ist trotzdem trostlos, bohrte ich in unser Wunde. Warum lässt du dir das gefallen? Warum nicht protestieren, auf den Tisch hauen, fremdgehen? provozierte ich ihn. Ich habe ihr Vorwürfe gemacht, gefleht, gedroht, um endlich dieses verletzende Schweigen zu brechen, verteidigte K. sich. Die folgenden Auseinandersetzungen waren von einer Heftigkeit, dass mir das Interesse an allem verging. Kraftlos, ratlos brauchten wir einige Zeit, um herauszufinden, ob überhaupt und wenn, dann wie wir weiter miteinander umgehen sollten. Es war eine quälende Hölle, doch es hatte auch sein Gutes. Ich gewann die Gewissheit, ich wollte sie keinesfalls verlieren. Ich spürte einmal mehr, wie sehr ich sie liebe, wie sehr es mich schmerzt, sie zu verletzen, erkannte, was mir vor allem anderen wirklich wichtig ist. Die Freude an den Liebesgefühlen kehrte zurück zu uns, und vorsichtig wagten wir uns auch wieder an die intime Begegnung, immer bedacht, nicht wieder zerstörerisch zu wirken. Wenn die Lust zur Last wird und in der Liebe die Leidenschaft nur Leiden schafft, dann werden sie irgendwann auch dem Hungrigen zu ungebetenen Gästen.
Nacht im Hotel
Tinas Geschichte - Teil 17
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