Nachtportier

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Claudia Carl

Auch ohne Evi.
Als Schorschi drei Abende später mit der Gitarre in der U-Bahn unterwegs Richtung Hotel war, sah er ein Rot. Ein himbeeriges, saftiges, schimmerndes Rot. Weisse Haut, fast vampirisch, trug die Dame zu ihrem auffallenden Mantel. Und ein Lächeln für ihn, ein merkwürdiges Lächeln, als er sich, die Gitarre vor sich haltend, mit seinem Blick zwischen schüchtern und servil auf den noch freien Platz schräg gegenüber ihr drängte und – Nur zwei Stationen, entschuldigend in ihre Richtung sagte.
Sie hatte nicht die U-Bahn-übliche Verschlossenheit, nicht die Geistesabwesenheit einer toten Figur, die hier nur ihren Schattenleib beförderte. Sie hatte etwas Pulsierendes, und als sie ihren schwarzen Schirm zwischen die Kniee klemmte, spaltete sich der rote Mantel über ihren schwarzen Seidenstrümpfen. Sie spannte die Beinmuskeln an, um den Stock nicht fallen zu lassen, und nach Schorschis Bemerkung blickte sie ihn an und dann versonnen lächelnd durch das U-Bahnfenster. Eine blonde Frau ihr gegenüber war durch dieses Lächeln irritiert. Doch es war nur ein kurzer Moment. Nur dieses kleine Bemerken: Etwas passt hier nicht. Etwas ist anders.
- Wenn sie weiterfährt als ich, kann ich nichts machen, dachte Schorschi. - Doch wenn sie vorher aussteigt...
Sie stand auf. Schorschis Gitarre folgte ihr. Auf dem Bahnsteig rannte sie sie fast um. Zwei grüne Augen im Lockenrahmen hielten die Frau fest. Die Gitarre spielte die Verbündete.
- Entschuldigen Sie, sagte, Schorschis kleiner begieriger Mund. – Glauben Sie, ich könnte Sie näher kennenlernen?
Die Augen der Angesprochenen flackerten, glitten von den sprechenden grünen Augen über Schorschis kleinen Herzmund auf seine Hände mit den spitz zulaufenden Fingern und dem silbernen Ring. Ein sympathischer Ring.
Sie schaute noch, als Schorschi hinzufügte
- Rot ist meine Lieblingsfarbe. Ich kanns Ihnen beweisen.
Und schon zog er den Reißverschluß seiner Gitarrentasche auf.

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