Nackt im Antiquariat

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Nackt im Antiquariat

Nackt im Antiquariat

Anita Isiris

„Hey … Ihr Antiquariat ist jetzt schon überheizt. Kein Problem für mich. Und, eben, ich verbinde meine Nacktheit gern mit etwas Sinn. Was bringt es denn, an der Langstrasse für diese Glatzköpfe zu tanzen, die nur darauf warten, mir zwischen die Beine zu schauen? Wen macht es glücklich, wenn ich gegen Bezahlung einen Schwanz lutsche? Den eines mehrfachen Familienvaters zum Beispiel, dessen Frau von morgens bis abends malocht?“
Das leuchtete ein. Penis lutschen … wenn das seine Frau wüsste, worum es hier im Antiquariat ging … andererseits war er jetzt 79 Jahre alt, überlegte er sich, und wieso nicht noch etwas Spaß erleben? Kurz darauf verabschiedete sich Nathalie bis am nächsten Morgen um neun Uhr und überließ Herrn Meylan seinen Gedanken. Dieser ging früh zu Bett und träumte wild. Er träumte von einer Gruppenorgie, bei der er Zuschauer war. Er schaute zu, wie Sigmund Freud, Pier Paolo Pasolini und Erich Kästner sich mit Nathalie vergnügten. Um sieben Uhr stand er wie jeden Morgen auf und ging als Erstes zur Heizung. Ob sie noch gut funktionierte? Sein altes Herz klopfte mit neuer, frischer Kraft. Behände, so behände wie das mit 79 Jahren möglich ist, eilte er die Treppe hinunter und wäre im Übereifer fast gestürzt. Er begann, den Boden zu wischen. Nathalie sollte keine schmutzigen Füße bekommen, wenn sie barfuß durch die Buchhandlung schwebte. Was konnte er ihr sonst noch für Annehmlichkeiten bereiten? Frische Blumen! Genau! Der nächste Laden lag etwas weiter unten Richtung Stadt und würde erst um acht Uhr öffnen.

Arnold Meylan war mit einem Mal 20 Jahre jünger, als er sich die Schuhe band und sich etwas später Richtung Blumenladen auf den Weg machte. Die Blumenverkäuferin kannte er schon lange. „Blumen um acht Uhr?“, fragte sie erstaunt. Dann lächelte sie und überreichte dem Antiquar Schnittblumen. Vorsichtig machte sich dieser auf den Weg zurück; er wollte sich das wartende Abenteuer nicht durch einen Schenkelhalsbruch vermiesen. Gerade noch reichte es für eine Tasse Tee, als die Ladentür klingelte und Nathalie eintrat.

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