Nackt im Antiquariat

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Nackt im Antiquariat

Nackt im Antiquariat

Anita Isiris

Selbst wenn die Bücher um sie herum Augen hätten: Würde das eine Rolle spielen? Gab es irgendwo auf der Welt einen reifen Mann, der noch nie eine masturbierende Frau gesehen hatte? Nathalie ertastete ihre Clit. Ihre Knie wurden weich; sie stand ja noch immer, halb ans Bücherregal gelehnt. Meylan verlangsamte den Sprachrhythmus, unterbrach seine Erzählung aber nicht. Mit der Rechten streichelte Nathalie ihren Bauch. Das Piercing funkelte. Mit der linken brachte sie ihr Geschlecht zum Glühen.

Sie tat es für den alten Mann, der immer langsamer und leiser sprach und seinen Blick nur noch schwer von ihr abwenden konnte. Ihre Brustwarzen waren steifer als irgendein Schriftsteller das je hätte beschreiben können. Wie kleine Pilze wirkten sie im diesigen Licht des Antiquariats. Meylan ließ den Blick an ihr hinunterwandern, zu den Schenkeln, den Knien, den Füßen. Die Nägel waren schimmernd lackiert. Wie alt Nathalie wohl sein mochte? Meylan begab sich auf eine Gedankenreise. „Nathalie … verwöhnt auch Sie …“. Studentin? Gleichzeitig Nutte? Dieses verdammte, ungezogene Luder! Sie vögelte sich doch ganz einfach durch, auf dem Weg zu akademischen Lorbeeren! Hatte sie das kurze Zusammensein mit Steve Blumer genossen? Waren auch schon zwei Männer gleichzeitig in ihr gewesen? Jetzt onanierte sie in seiner Anwesenheit! Er hatte zwei Weltkriege miterlebt, zumindest die Folgen davon. Hatte den Kalten Krieg überstanden, sah die Schweiz allmählich untergehen im Schatten der amerikanischen Hegemonialmacht. Selbst Yassir Arafats Licht war längst erloschen … und da stand eine junge intelligente Frau in seinem Antiquariat, mit geschlossenen Augen, stöhnte leise und befriedigte sich mit geschicktem Fingerspiel. Arnold Meylan konnte nicht mehr anders: Sanft schob er Nathalies linke Hand zur Seite und übernahm das Streicheln an dieser heißen, feuchten Stelle, von der ein beträchtlicher Teil der Weltliteratur bis heute angetrieben wird.

Draußen schneite es noch immer.    

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