Sias Muschi glänzte im Licht der beiden Spotlampen, die exakt auf die Stelle gerichtet waren, die zu zeigen sie sich am meisten schämte. Vorsorglich hatten die beiden Fotografen das Mädchen mit ein paar Lychee-Drinks enthemmt. Ausführlich hatten sie die Sache mit ihr besprochen. Sia hatte sich zunehmend entspannt. Die Fotosession fand in ihrer Wohnung statt; Roberto war der Ansicht, sie würde sich in der vertrauten Umgebung wohler fühlen als in einem anonymen Fotostudio am Stadtrand.In einem knöchellangen weissen Kleid hatte Sia die beiden Männer empfangen; die roten Flecken am Hals, die immer dann erschienen, wenn sie aufgeregt war, konnte sie nicht verbergen. Von der kleinen Wohnung ging etwas Mädchenhaftes aus – bestimmt auch wegen der beiden Rosina Wachtmeister-Bilder, die zwar mittlerweile völlig aus der Mode waren, zu Sia aber irgendwie passten. Sie bat die beiden Fotografen ins Wohnzimmer, wo sie ihnen Salzcrackers und Holundersaft offerierte. Dezent schlug sie die Beine übereinander, was den Blick der Fotografen auf ihre sorgfältig manikürten Füsse lenkte. Wie zerbrechlich sie wirkte, und wie jung! Die schweren Kamerataschen wollten nicht so recht ins lichte Wohnzimmer passen neben die bunte und gemütliche Sitzecke, den hell getäfelten Boden, das Windspiel, das sie aus Vogelfedern gebastelt hatte und die leere weissen Wand im Hintergrund, die sie bestimmt eines Tages verschönern würde. Sia war erst vor kurzem an der Flurstrasse eingezogen und hatte sich vorgenommen, die Wohnung nicht von allem Anfang an vollzupferchen mit Nepp. Hell sollte es sein hier, hell, warm und gemütlich. Das Besondere am Raum war eine Wendeltreppe, die nach oben zu ihrem Schlafzimmer führte. Dieses bauliche Extra war wohl auch der Grund für die vergleichsweise hohe Miete. Sia liebte aber diesen kleinen Luxus.
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