Es bräuchte so viel leidvolle Klärung bis wieder ein Gefühl des Vertrauens zu finden war. Was er, der einst fanatische Bekenner, nicht für möglich gehalten hatte: er entschied sich für die Abkürzung, seine Eheverfehlung für sich zu behalten und ebendieses Gefühl der Zusammengehörigkeit, das er ehrlich empfand trotz aller Schwierigkeiten, ohne überflüssigen Bruch fortbestehen zu lassen.
Für seine Heimkehr wenigstens fühlte er sich gewappnet.
*
Seine Frau bereitete ihm einen etwas unterkühlten Empfang. Das war immer so. Seine Auswärtstermine waren nicht sehr angenehm, er hatte über Menschen zu entscheiden und konnte nur selten helfen, wo schon Not war. Das belastete ihn und sie wollte sich nicht gern runterziehen lassen von dieser Stimmung – verständlich, aber ihm üblicher Weise nicht sonderlich hilfreich. Nun jedoch ermöglichte es ihm, mit seinen so gänzlich anderen Erlebnissen auf Distanz zu bleiben, ohne dass sie etwas bemerkte von der brisanten Lage. Es hatte ihnen über die Jahre geholfen, nicht immer alles in Gesprächen auszutragen, bevor die rechte Zeit gekommen war und nach ihrem Wunsch war ohnehin nicht alles zu erörtern. Das war ihm, der sein Herz auf der Zunge trug und alles und jedes zu beichten gewillt war, lange nicht leicht gefallen, bis er sich ihrem Wunsch entsprechend, nicht mehr verpflichtet sah, sie an allem teilhaben zu lassen.
Eigenartiger Weise hatte sie das nicht entfernt voneinander, sondern ihn erfahren lassen, dass sie sich in den wichtigen Dingen ihres Lebens blind verstanden und aufeinander verlassen konnten. Trotz der Verarmung ihrer erotischen Beziehung, die ohnehin nur er als solche empfand, schien die Liebe zu wachsen mit den Jahren. Und nun hatte er eine leidenschaftliche Nacht mit einer schönen, liebenswerten Frau verbracht, tiefe Gefühle für sie empfunden, doch zu seiner Frau fühlte er keinerlei Distanz. Es war verrückt, aber er war nicht im Geringsten beunruhigt.
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