Heute war anscheinend nicht mein Glückstag. Ausgerechnet Elke. Elke war scharf auf mich, besser gesagt: sie war verknallt. Ich kannte sie schon ziemlich lange. Vor einer Woche hatte sie mich angerufen, ob wir nicht mal wieder ein Bierchen trinken gehen wollten oder so. Beim Bierchen kam dann das ›oder so‹: Sie habe sich in mich verschossen, schon lange, und sie wollte es mir mal endlich sagen. Geahnt hatte ich sowas auch schon lange. Ich suchte Ausflüchte, ich sei sehr überrascht, ich müßte mir über meine Gefühle erst im Klaren werden etc., das übliche. Für einen Moment hatte ich mit dem Gedanken gespielt, sie abzuschleppen und gründlich durchzuvögeln, verliebte Frauen lassen ja fast alles mit sich machen. Doch sie war nicht so richtig mein Typ. Dabei sah sie gar nicht mal schlecht aus, hüsches Gesicht, schöne grüne Augen, rotblonde Mähne, griffige Brüste, soweit man das beurteilen konnte, ein etwas ausladendes Hinterteil vielleicht, auch sonst ziemlich stramm gebaut, aber noch nicht fett, insgesamt sehr einladend. Aber eben nicht mein Typ. Und nun hatte ich sie als Los gezogen und sie mich.
Wir waren auf Richters Sommerfest. Bernd und Cornelia Richter, beide Anwälte, gut situiert, luden alljährlich zum Sommerfest im Garten ihrer Villa. Das Publikum waren Rechtsanwälte, Steuerberater, Architekten, Ärzte, aber auch ein paar Totalversager: ein Biologe, eine Lehrerin, eine Krankenschwester, zwei Langzeitstudenten und sogar ein Beamter. Man war weltoffen und liberal genug, sich auch solche Freunde zu halten. Alles in allem vierzehn Personen, streng geschlechterparitätisch, wie sich später als genau geplant herausstellen sollte. Die meisten kannte ich seit Jahren, auch Elke kannte ich von hier.
Jedes Jahr gab es ein besonderes Event, mal eine Schnitzeljagd durchs Villenviertel und den angrenzenden Stadtrandwald, mal eine Masken- oder Mottoparty, mal mußten Begriffe pantomimisch dargestellt werden (wie stellt man ein frisches Jever dar?), mal gab es Lesungen.
Diesmal hatte der Hausherr sehr geheimnisvoll getan, hatte alle hineingebeten – das müßten die Nachbarn ja nicht unbedingt mitbekommen – war auf eine einfache vorbereitete Bühne im Salon getreten und hatte eröffnet, es würden männlich/weibliche Paarungen ausgelost, die dann auf der Bühne ein erotisches Stück aufzuführen hätten. Einschränkungen gäbe es keine. Ob nun romantische Schmonzette oder Hardcore. Wer unbedingt wolle, könne es auch auf der Bühne richtig treiben. Angespanntes Gelächter. Hausherr und Frau würden keine Lose ziehen, da sie bereits etwas einstudiert hätten und als letzte damit auftreten würden. Sie würden sich während der Vorbereitungszeit der anderen um Organisation und gewünschte Requisiten kümmern. Nun kam die Ziehung. Die Männer zogen hellblaue, die Frauen rosa Lose. Ich zog die Eins und damit Elke, die auch eine Eins hatte. Gleichzeitig bedeutete die Eins, daß wir als erste mit unserer Aufführung dran waren. Man hatte eine dreiviertel Stunde Zeit, sich ein Stück auszudenken, es zu proben und sich um die Requisite zu kümmern. Jedem Pärchen wurde ein Raum zur Vorbereitung zugewiesen.
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