Nachdem wir uns nun fast ein Jahr lang innerlich, äußerlich und auch hinreichend handgreiflich mit unserem eigenen Geschlecht beschäftigt hatten, wurde endlich das andere Geschlecht zum Unterrichtsthema. Das interessierte uns inzwischen tatsächlich brennend. Schließlich waren wir nun schon neunzehn, manche sogar zwanzig Jahre alt. Und wir hofften, dass es auch hier neben der Theorie gute Praxis gab. Wie die allerdings aussehen sollte, konnten wir uns nicht vorstellen.
Im Moment war es auch längst noch nicht so weit. Auch diesmal ging es wieder los mit schematischen, wenig erotischen Schnitten durchs weibliche Becken. Wir hörten von Gebärmutter, Muttermund, Eierstöcken, Eileitern, Geburtskanal, Gelbkörperhormon und manch anderen Details. Ich staunte mit meinen Mitschülern über den mystischen Monatszyklus, über Eisprung und Ei-Einnistung oder Abstoßen der Gebärmutterschleimhaut und das Wunder des Wachsens einer Eizelle zu einem Fötus und Embryo bis zu einem Baby.
Auch die Funktion der weiblichen Brust als Milchdrüse wurde uns gelehrt. Wenn ich in diesen Tagen durch die Stadt ging, in der durch Erzieherinnen oder Erzieher geführten Gruppe natürlich, einzeln war es nicht erlaubt, sah ich die jungen Mädchen, die uns begegneten, mit ganz anderen Augen an. In Gedanken schnitt ich sie auf, um ihre Gebärmutter zu sehen oder die Milchkanäle in der wachsenden Brust. Auch den Geburtskanal versuchte ich bei den weiblichen Wesen, die mir unter die Augen kamen, zu entdecken. Heute sehe ich schon, dass ich Schwierigkeiten hatte, dies alles zu verarbeiten. Und naiv war ich, nicht auszudenken!
Damit so ein gesprungenes Ei, nicht zersprungenes, gesprungenes zu einem Baby heranwachsen kann, benötigt es einen Auslöser, lernten wir. Wie einen Katalysator, der eine chemische Reaktion manchmal erst möglich macht. Das kannten wir aus dem Chemieunterricht.
Und diese Aufgabe hat das männliche Sperma.
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