Zum Abschied tätschelte er den Kopf des kleinen Mädchens, das nach all der Bespaßung jetzt vergnügt in seinem Wagen saß und streckte der Mutter die Hand hin. Doch diese zögerte sie zu ergreifen, druckste vielmehr herum und kam schließlich mit der Sprache heraus. „Wenn du willst“ – sie beide hatten ihre anfängliche Reserviertheiten rasch abgelegt und waren zum Du übergegangen, „wenn du willst und noch etwas drauflegst, können wir in meine Wohnung gehen. Dort sind wir ungestört und könnten“ sie zögerte erneut und schien zu überlegen, wie sie es ausdrücken sollte, „dort könnten wir andere, ich meine etwas freizügigere Bilder machen. Aber“, so fügte sie sofort hinzu, „du darfst das nicht falsch verstehen. Es geht nur um Bilder, sonst um nichts. Kapiert? Ich bin keine Nutte, ich schlafe mit niemandem für Geld. Ich will nur noch mehr gute Bilder von mir“.
Sie gingen in ihre kleine Zwei-Zimmer-Wohnung im sechsten Stock eines Wohnblocks ganz in der Nähe. Die Wohnküche war sehr einfach, fast schon schäbig eingerichtet und unaufgeräumt. Die Frau entschuldigte sich wegen der Enge, wegen der Kleider auf dem Stuhl, der Spielsachen auf dem Fußboden und der Essensreste auf dem Tisch. Sie setzte das Kind in einen Hochstuhl und wärmte ihm in einem Emailletopf auf einem schon fast historischen Elektroherd Milch auf. Als sie danach begann das Gröbste aufzuräumen, bat er darum, sich in der Wohnung umsehen zu dürfen. „Ich will mir ein Bild von der location machen“ - er benutzte im Zusammenhang mit Fotografieren gerne englische Worte wie location, shooting oder model – „um zu sehen wo und wie wir deine, wie hast du noch gesagt, etwas freizügigeren Aufnahmen machen können“. „Kein Problem, mach nur, ich koch uns noch schnell einen Kaffee.“ Sie schüttete Kaffeepulver in eine zerbeulte Espressokanne aus Aluminium und stellte sie auf die noch heiße Herdplatte.
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