Nymphenküsse

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Nymphenküsse

Nymphenküsse

Fräulein November

Lilly atmet tief den harzigen Geruch des Waldes ein. Sie war dem Dorf mit all seinen Menschen an diesem Abend für ein paar Stunden entkommen, indem sie ihrer Mutter angeboten hatte, im Wald ein paar frische Brombeeren zu pflücken. Das hatte sie auch getan, der volle Weidenkorb schlenkert an ihrem Handgelenk, die prallen Beeren mit einem weißen Stück Tuch bedeckt. Doch sie war schneller gewesen als erwartet, und so konnte sie noch ein wenig Zeit für sich selbst allein im Wald stehlen. Es war brütend heiß gewesen, heute, und auch wenn es unter dem dichten Blätterdach kühler ist, klebt ihr das schlichte helle Leinenkleid an der sommersprossigen Haut. Die honigblonden Locken hat sie zu einem dicken Zopf geflochten, aus dem sich im Laufe des Tages jedoch einige Strähnen gelöst haben und nun ihr herzförmiges Gesicht umrahmen. Die goldenen Strahlen der Abendsonne fallen schräg durch Bäume und Blätter, lassen das dunkle Grün des Mooses geheimnisvoll schimmern und verzaubern den stillen Wald. Sie liebte es, alleine im Wald zu spazieren, nur mit dem abendlichen Zwitschern der Vögel als Begleitung. Bald kann sie durch die dunklen Baumstämme hinweg ein erstes Glitzern entdecken und wenig später öffnet sich das Unterholz zu einer Lichtung und vor ihr liegt der kleine Waldsee. Libellen huschen sirrend über die Oberfläche und die Weiden haben ihre Äste so tief auf zum See hinabgereckt, als wollten die Bäume daraus trinken. Das Wasser ist spiegelglatt, nur dann und wann verrät ein leichtes Kräuseln, dass ein Fisch nach einer Mücke geschnappt hat. Sie Sonne steht noch grade so oberhalb der Wipfel und bringt mit ihren letzten Strahlen den See zum Leuchten.

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