„Wir singen!“ war Claras Antwort auf die von Martin gestellte Frage an die Kinder, was sie „Livia“ denn zum Geburtstag schenken wollten. Seit Weihnachten besaß Clara so eine Karaoke-Maschine, die sie bei irgendeiner Gelegenheit einmal im Fernsehen gesehen hatte. Gesungen hatte die Kleine schon immer gerne und mit der Begleitung und dem Mikro in der Hand seither noch viel lieber.
Selbst Leon wollte etwas singen. Ob er sich vor den ganzen Gästen jedoch auch trauen würde? Wenn nicht, wäre das natürlich auch kein Beinbruch.
Olivias neunundzwanzigster Geburtstag am 04. März fiel auf einen Samstag. Martin hatte mit den Kindern zusammen diesen Tag super geplant. Schon am Morgen stürmten die Kids das elterliche Schlafzimmer. Alle Beide hielten eine Blume in der Hand und sangen, mit Martin zusammen: „Zum Geburtstag viel Glück, zum Geburtstag viel Glück! Zum Geburtstag liebe Mami zum Geburtstag viel Glück!“
Natürlich wurden beide eingeladen zu „Livia“ unter die Decke zu krabbeln.
„Das andere Geschenk gibt’s erst später!“, trötete Leon, während Clara und Martin ganz geheimnisvoll miteinander tuschelten. Das Mädchen zog daraufhin die Nachttischschublade auf und holte ein kleines Schächtelchen hervor. „Von Martin und Leon und mir!“ Abwartend auf Olivias Reaktion hielt sie ihrer Pflegemammi das dunkelrote Teil entgegen.
Vorsichtig öffnete Liv den Deckel. In dem Schächtelchen befand sich ein goldenes Halskettchen mit einem ebenso goldenen Anhänger.
„Wah, ist das schön!“ Olivia freute sich sichtlich.
„Schau, was draufsteht!“ Clara war nervös.
Der Anhänger bestand im Prinzip aus drei ineinander verflochtenen Ringen. In jeden Ring war ein Name eingraviert. Einmal „Leon“, einmal „Clara“ und natürlich „Martin“.
Olivia hielt das Kettchen vorsichtig in der Hand. „Ich helf Dir!“, bot sich Clara an und wusste genau, wie der Verschluss funktionierte.
„Warte!“ Clara stürzte aus dem Bett und kam mit einem Handspiegel zurück.
„Ja, das ist richtig schön!“ Olivia war überwältigt. Sie küsste und drückte die Kinder nacheinander und auch Martin bekam einen liebevollen Kuss.
„Die beiden Rabauken haben das Kettchen und den Anhänger selbst ausgesucht. Ich war nur Fahrer,“ erklärte Martin lächelnd.
„Der Mann hat gesagt, wir könnten die Namen eingravieren…“ Olivia betrachtete mit Clara zusammen den Anhänger ganz intensiv. Dafür hatten sich die zwei fest aneinandergeschmiegt. Und Martin schaute seinen beiden Ladies zu. Bis, ja bis sie feststellten, dass Leon fehlt.
„Leon?!“
„Komm ja schon…“, hörte man ihm vom Gang rufen und schon stach er um die Ecke. Er hatte, ohne dass seine Schwester oder eines der Elternteile es mitbekommen hatten, für seine neue Mama ein Bild gemalt. Die ganze Familie. Alle vier! Hand in Hand. Und oben vom Himmel schaute ein Gesicht auf die Familie herunter.
„Ach, Leon! Das ist aber schön!“ Er hatte seine leibliche Mama nicht vergessen.
Nein, Martina Riedl, die Mutter der beiden, sollte nicht in Vergessenheit geraten. Zwei Bilder von ihr hingen, ebenso wie die von Sara und Martins erster Frau, im Erdgeschoß. Die Anderssons waren sich einig, offen mit dem Tod der geliebten Menschen umzugehen und keinesfalls den Mantel des Schweigens darüber auszubreiten.
*****
Neben Olivias Eltern waren fast alle Freunde und näheren Bekannten zu der Geburtstagsfeier erschienen. Am späteren Nachmittag, Daniela packte noch die letzten Tassen des Kaffeegeschirrs in die Spülmaschine, klopfte Martin mit einem Löffel an ein Glas, um die Aufmerksamkeit aller Anwesenden zu erhalten.
„Und jetzt kommt ein weiteres Highlight des heutigen Tages!“, kündigte Martin an. „Clara, leg los!“
Es ertönte ein relativ lautes Geräusch eines Düsenflugzeuges. Martin hatte die Soundanlage mit Claras Maschine gekoppelt. Jeder und vor allem Olivia erkannte das Lied sofort.
Dann kam Claras Einsatz: „Wind Nordost, Startbahn 03…“
Martin, der nun neben seiner Tochter auf seinen Fersen saß und Leon im Arm hatte, stimmte mit ein: „Bis hier hör ich die Motoren…“
Dann war Leon an der Reihe. Er war sichtlich bemüht, den Einsatz hinzubekommen: „Wie ein Pfeil zieht sie vorbei…und es dröhnt in meinen Ohren“
Clara setzte mit ein: „Und der nasse Asphalt bebt, wie ein Schleier staubt der Regen…“
Clara solo: „Bis sie abhebt und sie schwebt, der Sonne entgegen
Clara, überhaupt nicht schüchtern, rief: „Alle!“
Natürlich sangen beide Kinder führend mit: „Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein!
Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man,
blieben darunter verborgen, und dann
würde was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“
Olivia saß gerührt auf der Couch und zwinkerte Clara zu.
Jetzt war Martin dran: „Ich seh ihr noch lange nach…“
Leon kam dazu: „Seh sie die Wolken erklimmen,
bis die Lichter nach und nach,
ganz im Regengrau verschwimmen“
Dann Clara wieder solo: „Meine Augen haben schon jenen winz'gen Punkt verloren.“
Martin übernahm: „Nur von fern klingt monoton, das Summen der Motoren“
Sehr viele der Gäste stimmten nun den Refrain mit an.
Clara übernahm die ersten Zeilen der letzten Strophe: „Dann ist alles still, ich geh, Regen durchdringt meine Jacke.“
Martin kam dazu: „Irgendjemand kocht Kaffee…“
Und Clara: „In der Luftaufsichtsbaracke!“
Gemeinsam sangen sie zu dritt das Lied zu Ende: „In den Pfützen schwimmt Benzin, schillernd wie ein Regenbogen. Wolken spiegeln sich darin, ich wär gern mitgeflogen!“
Der Refrain mit allen wurde immer besser und lauter:
„Über den Wolken
Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein
Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man,
blieben darunter verborgen und dann
würde was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“
Olivia wusste natürlich, wie gut ihr Töchterlein singen kann. Und Martin. Trotzdem war sie sichtlich überrascht, wie perfekt die Drei harmonierten.
„Danke! Danke!“, rief Liv lautstark. „Ihr seid großartig!“ Sie kam, begleitet von richtig viel Applaus, auf ihre Lieben zu, breitete die Arme aus und drückte alle Drei!
Kurz nach dem Essen nahm Daniela das Geburtstagskind beiseite und schob Liv in die Gästetoilette. Dort gab es zuallererst einen sehr innigen Kuss. „Ich vermisse Dich!“ gestand Ela ihrer Geliebten.“ Bei der Begrüßung am Nachmittag waren mehrere Personen in unmittelbarer Nähe und da war an einen solch intimen Kuss nicht im Entferntesten zu denken. Außerdem lag die letzte gemeinsame Nacht mehr als zwei Wochen zurück. Olivia nutzte gleich die Gelegenheit, die Toilette zu benutzen, während ihre Freundin eine Bitte vorbrachte.
„Aber klar! So lange ihr wollt!“, antwortete Liv. „Du weißt ja, wo der Schlüssel und der Chip liegen!“
Beim Verlassen dieses Örtchens liefen sie ausgerechnet Mareike über den Weg. „Andere Frauen gehen auch zusammen…!“, bemerkte ihre Tochter auf die fragenden Gesichtszüge der Mutter.
Es dauerte nicht lange, da waren Daniela und ihr Mann von der Party verschwunden.
Die Karaoke-Maschine von Clara war der absolute Hit des Abends. Insofern war das Teil perfekt, da die Texte zur Musik auf einem Bildschirm zu lesen waren. Kaum jemand drückte sich davor, einen Titel zum Besten zu geben. Clara mimte den DJ und niemand konnte sich ihrem kindlichen Charme entziehen – echt klasse! Den „Arizona man“ mit dem Synthesizer-Sound spielte sie gleich mehrfach, auf den Abend verteilt, an und ging natürlich richtig mit! Martin schüttelte nur den Kopf und freute sich, wie sehr sich seine Tochter da hineinsteigern konnte.
Pat und ihr Mann wurden öfter dabei erwischt, wie sie Zärtlichkeiten austauschten. „Bringt deine neue Stelle so viel Schwung in die Beziehung?“, fragte Olivia mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Das kann man so sagen;“ bestätigte Nils, und fügte hinzu, dass er mächtig stolz auf seine Frau sei.
„Du hast fremdgefickt!“, flüsterte Liv ihrer Freundin wissend und ganz leise zu.
„Martin, die Plaudertasche…,“ antwortete Patricia. Sie nickte und verriet, dass ihr Mann seither keine Gelegenheit mehr ausließ, sie zu vögeln.
„Brennt ihr durch?“ Franz Seibold begegnete Olivia und Hendrik, beide mit Jacke bekleidet und die Arme eingehakt. Natürlich kannte der Fuhrparkleiter ihrer Firma den Vater der Chefin. Olivia wollte mit ihrem Daddy nur ein wenig frische Luft schnappen und ungestört ein wenig plaudern. Deshalb verdrückten sich die Beiden für ein Weilchen nach draußen in den Garten.
„Mikael lässt sich entschuldigen,“ meinte Livs Vater, „der ist beruflich, ich weiß nicht, irgendwo unterwegs!“ Olivia hoffte sehr, dass Mikael dann halt in den nächsten Tagen doch noch auftauchen würde. Versprach dies doch eine Nacht mit zwei Männern für sie. Aber – das Leben ist kein Wunschkonzert! Dass Mikael manchmal der Dritte in ihrem Ehebett ist, nein, das verriet sie ihrem Vater natürlich nicht.
Gerhard war förmlich anzusehen, dass ihm etwas sehr Schönes widerfahren sein musste, als sich das Ehepaar wieder unter die Gäste mischte. Auch Daniela schien irgendwie verändert. Aber außer Olivia wusste niemand, was der Grund für diese Ausstrahlung war.
Es war schon halb neun abends, als sich weitere Gäste ankündigten. Die Überraschung war groß, denn vor der Tür standen Alena und Olivier. Zur Begrüßung fiel man sich um den Hals, als hätten sie sich Ewigkeiten nicht gesehen.
Als Geschenk überreichte Alena der Jubilarin ein Kuvert und Olivier gab die Erklärung dazu:
„Ihr glaubt doch nicht, dass ihr hinter meinem Rücken eine Buchung für mein Hotel vornehmen könnt und ich würde das nicht mitbekommen!“
Tatsächlich beabsichtigten die Anderssons mit den Kindern und ihren Eltern zusammen im Juni Urlaub genau dort machen, wo ihre Trauung stattfand. Olivia wollte unbedingt in derselben Suite wohnen wie vor knapp einem Jahr. Der Jacuzzi…
„Ihr seid selbstverständlich unsere Gäste;“ meinte Martins Freund lautstark. „Und ich habe aus den zwei Wochen drei gemacht!“
„Wo sind denn eure enfants?“, fragte Olivier sich neugierig umschauend. „Die müssen wir endlich mal kennenlernen!“
*****
Hendrik brachte erst Leon ins Bett, bevor er sich mit Mareike so gegen ein Uhr zurückzog. Nach und nach verließen mehrere Gäste die Party. Clara, heute scheinbar unverwüstlich, wurde von Martin dann doch in ihr Bett getragen, weil sie auf dem Sofa eingeschlafen war.
Gegen drei Uhr waren alle Gratulantinnen und Gratulanten fort. Olivias Eltern schliefen natürlich in einem der Gästezimmer, ebenso Olivier mit seiner fast-Ehefrau Alena. Letztere haben vor Tagen die Bombe platzen lassen und den Termin ihrer Vermählung bekannt gegeben. Selbstredend waren die Anderssons dazu eingeladen! In Südfrankreich am 02. September.
Martin tanzte mit seiner Frau noch allein einen Schmuse-Blues in der Küche. „Ich würde jetzt gerne noch mit Dir vögeln…“ hauchte Martin seiner Herzallerliebsten zu.
„Keine Chance!“, winkte Liv ab. „Ich bin einfach nur müde!“
Olivia ging nach oben ins Schlafzimmer, während Martin noch überall das Licht löschen wollte. Klar hatte er mitbekommen, dass Ela und ihr Mann nach der Verabschiedung nicht das Haus verlassen hatten, sondern zusammen in den Keller verschwanden.
Neugierig, ob seine Geliebte und ihr Ehemann dort wirklich nur schlafen würden, schlich Martin die Treppen nach unten. Leise öffnete der Hausherr die Tür zum Fitnessraum, oder besser gesagt zum Spielzimmer, wo er die Beiden vermutete. Und tatsächlich war die ganz intime Beleuchtung eingeschaltet. Daniela saß breitbeinig in der Liebesschaukel und hatte ihre Arme um den Hals ihres Mannes geschlungen, der mit dem Rücken zu Martin zwischen ihren geöffneten Schenkeln stand. Kein Zweifel: die beiden poppten miteinander! Oder sollte man eher sagen, sie empfing seine Stöße. Daniela hatte ihren Freund und Geliebten, in der Tür stehend, entdeckt. Martin schien, als würde Ela dieses erwischt sein eher anmachen als erschrecken. Ihr Mann bekam keinen Tipp oder die Aufforderung aufzuhören. Im Gegenteil! Daniela schaute ihren Geliebten, nachdem dieser sie beide entdeckt hatte, ganz intensiv an. Sie öffnete ihren Mund und obwohl kein Laut aus ihrer Kehle kam, war es für Martin klar, dass sie dieses beobachtet werden außerordentlich erregte. Gerhard bekam von alledem nichts mit und rammte seinen Bolzen unbeirrt und nicht gerade sanft in die Grotte seiner Frau.
Martin ließ Danielas Fick mit ihrem Ehemann nicht kalt. Er nickte seiner Geliebten langsam zu. Auch er öffnete seinen Mund für ein lautloses „Ja!“
Um Daniela zu zeigen, wie sehr ihn die Szene erregte, drückte er mit dem Handballen präzise an die Stelle seiner Hose, wo sich anhand der Auswölbung der Zustand seines Gliedes zeigte.
Dann kam der Moment, in dem Daniela der Höhepunkt dieses Liebesspieles überkam. Kurz nur legte sie ihre Stirn an die Schulter ihres Mannes und hielt sich krampfhaft sowie stöhnend an seinem Oberkörper fest. Als sie wieder aufschaute, war Martin verschwunden. Dass ihr Mann jetzt, so kurz nach dem Orgasmus seiner Frau, auch seinen Höhepunkt erreichte, war nicht ungewöhnlich. Wie unbeteiligt bekam Ela mit, dass Gerhard seinen Pint fest in ihre Möse hineindrückte und dabei abspritzte. Sie hielt weiterhin ihre Arme fest um seinen Hals geschlungen, so dass ein gegenseitiges ins Gesicht sehen nicht zustande kommen konnte. Ein paar Momente später hatte sich Daniela wieder gefangen. „War es besser, dass der Mann, mit dem sie seit Jahren eine Affäre unterhielt, gegangen war? Oder wäre es geil gewesen, dass er den Part ihres Mannes übernommen hätte und sie auch in seinen Armen zu einer Erlösung gekommen wäre? Gerhard hätte, ohne eine Szene zu machen, sicher sehr interessiert zugesehen.
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