Ich wollte wenigstens schon einmal zu dem richtigen Bahnhof fahren, damit ich morgens den ersten Zug nehmen konnte, aber ach, ich arme Landpomeranze war noch nie mit einer Untergrundbahn gefahren, ich hatte nicht die geringste Ahnung wie ich mich orientieren sollte. Heute ist das alles kein Problem mehr, aber damals war ich so verwirrt, dass ich ziellos im Kreise lief. Schließlich war ich so verzweifelt, dass ich versuchte mit meinem geringen Französisch jemanden anzusprechen, der mir vielleicht helfen konnte. Ich weiß nicht mehr was mich dazu trieb, und wie es dazu kam, dass ich diesen Mann ansprach, es liegt zu dunkel in meiner Erinnerung, aber von Anfang an hatte ich zu ihm ein gespaltenes Verhältnis. Auf der einen Seite war er sympathisch und hatte schöne, dunkle, leuchtende Augen, auf der anderen Seite kam er mir vor wie ein Teppichhändler, der mich nach Strich und Faden belog, und vor dem ich mich hätte hüten sollen, aber ich war gerade mal 19 Jahre alt und hatte so gut wie keine Menschenkenntnis. Zunächst half er mir auch mein Gepäck unterzubringen, er zeigte mir die Schließfächer in der Metro, welche ich alleine niemals gefunden hätte, und ich verstaute, misstrauisch all meine Wertsachen darin, bis auf die paar Francs, den Hunderter und meinen Tabak. Der junge Mann, er muss so um die 30 gewesen sein, war für mich damals fast schon ein alter Knacker und ich war mir selber unschlüssig darüber, warum ich mich eigentlich auf ihn einließ. Zum Glück konnte er relativ gut englisch und die Kommunikation war damit leidlich gewährleistet. Er redete eigentlich ständig auf mich ein, erzählte mir von den Gefahren, die in solch einer Großstadt wie Paris auf mich lauerten und bot mir an bei ihm zu übernachten, was sollte ich tun? Ich war unsicher so ganz allein herumzulaufen, eine Hotelübernachtung konnte ich mir nicht leisten und dieser Kerl schien mir immer noch das kleinere Übel zu sein, gut, ich willigte ein.
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