Es lag lauwarme Abendluft im Anbetracht der Bedingungen. Der Schatten eines schlanken Kopfes mit bis zu den Schultern reichenden Haaren war unmittelbar neben Jonathan spür- und sichtbar. Es roch nach Mülltonneninhalten, verwegen, verbissen, aber auch leicht unverbindlich. Die Auflösung des tagelangen autobahnen in komprimierten Rastplatzgeruchseinheiten. Die Butterbrote mit Schmelzkäse, die Jonathans Mutter immer für Schulausflüge gemacht hatte, rochen ähnlich. Jonathan sah sich vorsichtig um, damit er die Frau, die ihn ansprechen wollte, ansehen konnte. Sie wischte sich Milch vom dünnen blonden Damenflaum auf der Oberlippe. Sie war dunkel und etwas über zwanzig; in der Hand eine Straßenkarte ans Handgelenk kippend. Sie öffnete die Karte, entfaltete ihre Frage und biß von einem blutroten Apfel ab. Jonathan sah auf den Kartenzeichen die Gebirge ihrer gut proportionierten Brüste, die in sichtbaren Knospenformen unter dem ärmellosen Sommerhemd gipfelten. Ihre schmalen, aber scharf gezeichneten Lippen waren sehr hell geschminkt und bewegten sich mit vorsichtiger Mechanik. Ihre leise, dunkel anmutende, fast heisere Stimme überflog das Rauschen der abseitigen Thermoskannenwelt, die sich über die Automotoren legte. Kein Motor der über Gebühr aufheulte. Fast kühlte ein Ozean da hinten auf der Straße die Luft.
Die junge Frau streckte ihre linke Faust ins Kreuz, verzog Lenden und Mimik und erklärte, dass sie nun schon acht Stunden unterwegs sei und sie langsam ankommen wolle. Ihr japanischer Kleinwagen mit perspektivisch interessanten Schattenbeulen parkte schräg hinter Jonathans geliehener Familienlimousine. Wie angehangen und fast ein Zeichen für das Ende später Sommertage. Sie, Julietta hieß sie, bedankte sich für zwei ruhige Worte von Jonathan, auch wenn er ihr keineswegs eine bessere Route vorschlagen konnte. Am besten sinnbildlich im Straßengraben eine Rauchen und auf angekommenere Zeiten hoffen, schien sie auszudrücken. Ihre graden, nach langer Fahrt vorsichtig tastenden Beine standen unter einem kurzen Jeansmini braungebrannt im tiefstehenden Sonnenrot.
Parkplatzliebe
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