Partnertausch im Mauerpark

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Partnertausch im Mauerpark

Partnertausch im Mauerpark

Anita Isiris

Es wurde rasch Nachmittag. Gut verköstigt, lachend machten sich die Vier auf den Weg. Vermutlich unter dem Einfluss des Uhse-Museumsbesuchs vom Vortag war beim Mittagessen das Thema „Partnertausch“ aufgekommen. Die Blicke von Beat und von Stephania hatten sich getroffen – ebenso die von Holger und Irina. Es war nicht die erste derartige Diskussion unter den vier Städtereisenden, und der Wunsch war bei allen da, es einmal zu versuchen. Bisher war es allerdings bei Lippenbekenntnissen geblieben. Beat ahnte, dass Holger seine Irina begehrte, und dieser kannte Beats geheime Vorliebe für zarte, schlanke Frauen. Die beiden Männer waren durchaus bereit, ihre Partnerinnen für den jeweils Anderen freizugeben – vorausgesetzt, sie konnten anschliessend wieder zu ihnen zurückkehren. „Allemal besser als Fremdgehen“, fand auch Stephania, und Irina nickte mit verträumtem Lächeln. Sie fand Holger ausgesprochen charmant, er war der Witzigste der vier und kannte sich in Berlin bestens aus. Dies gab ihm die Rolle eines Reiseleiters, und Irina liess sich gerne führen von ihm.

Es war bitterkalt, aber windstill. Da und dort riss der Himmel auf und es waren blassblaue Stellen zu sehen. Als bewegender Farbkontrast nahmen sich orangefarbene Wohnblöcke aus, Neubauten, die hinter den bunten Zelten des Flohmarktes die Skyline bildeten. Da war sie, die Mauer. Irina, Beat und Stephania sahen sie zum ersten Mal und erstarrten in Ehrfurcht. „Ist das alles?“, fragte Beat. „So bunt besprayt, sieht’s anders aus als es war“, konstatierte Holger ernst. Dann entspannte auch er sich, posierte neben einer „Love“-Graffiti und liess sich von seiner Stephania fotografieren. Es entstanden mehrere Gruppenfotos, vor dem historischen Bruchstück, und es war Beat, der die Schaukeln entdeckte. Solide Holzpfosten, ebenfalls graffitiverziert, ragten in den Himmel, und die Schaukeln hatten etwas Bedrohliches – vermutlich auf Grund ihres Standortes direkt vor der Mauer. Setzte man sich darauf, hatte man den Flohmarkt und die Skyline vor sich, und die Mauerreste im Rücken konnte man bestens verdrängen.

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