Wie jeden Morgen machte ich mich auf den Weg zum Bäcker auf der anderen Straßenseite, um mir mein Brötchen und die Tageszeitung zu holen.
Der Ladeninhaber wusste schon immer was ich wollte, hatte mein Brötchen schon in der Tüte, während ich mir die Zeitung aus dem Ständer holte. Zwei Euro legte ich auf den Tresen, passt.
„Schönen Tag noch!“, hörte ich ihn noch hinter mir her rufen. Ich hob nur die Hand, um ihm zu zeigen, dass ich ihm das Gleiche wünschte, weil es mir im Moment die Sprache verschlagen hatte.
Die junge Frau, die jetzt in den Laden kam, hatte ich schon öfter gesehen, aber noch nie so nah.
Was mich so fassungslos machte, war ihr Outfit.
Ich schätzte ihr Alter etwa auf Ende zwanzig, aber da war ich mir nicht so sicher, weil ihr Gesicht jugendlicher wirkte.
Sie war schlank, trug eine Jeans mit den obligatorischen Löchern über dem Knie, wie es heute Mode war. Dazu ausgelatschte Turnschuhe, die auch schon bessere Tage gesehen hatten. Das lilafarbene T-Shirt mit dem Peace Zeichen über dem Busen, bestand wohl nur noch aus Löchern, oder war das eventuell ein grobmaschiges Netz? Jedenfalls leuchtete überall ihre Haut durch und von der einen Titte sogar der untere Rand.
Doch das Krönchen war ihr Kopf. Über ihrem ausgesprochen hübschen Gesicht hatte sie ihre langen Haare so zottelig zusammengeknüllt und mit zwei bunten Holzstäben festgesteckt, dass ich unwillkürlich an einen Hubschrauber denken musste. Wenn sie draußen von einem Windstoß erfasst werden würde, hätte sie bestimmt Mühe am Boden zu bleiben. Aber das, was mich fast gegen den Zeitungsständer laufen ließ, waren ihre grasgrünen Haare.
Ich konnte nicht anders, also sagte ich zu ihr, als wir in etwa auf gleicher Höhe waren: „Du bist so eine schöne Frau, warum verschandelst du dich so?“
Sie blieb abrupt stehen und musterte mich von oben bis unten und meinte dann mit triefendem Hohn in der Stimme: „Damit ich von so alten, geilen Böcken wie dir, nicht angequatscht werde!“
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