Der Bauch schon gross, die Brüste wohlgeformt, das Umstandskleid mit den gelben und blauen Blumen durchgeschwitzt, der Blutdruck im Keller. Und dann, aus heiterem Himmel, der Heiratsantrag. Eine Frau brauche so was, hatte in der Brigitte gestanden Sebastian Rothmeyer war kein böser Mann, beileibe nicht. Aber er hatte einen Sinn für Details. Den Heiratsantrag wollte er mit einer Perlenkette flankieren. Nun sind nicht etwa alle Perlenketten gleich – auch wenn das für Laien den Anschein haben mag. Da ist mal der himmelweite Unterschied zwischen Süss- und Salzwasserperlen zu beachten. Salzwasserperlen sind runder, eher für die Ewigkeit und somit zur Bestärkung eines Heiratsantrags gedacht. Nur Zuchtperlen sind erschwinglich. Die mit rötlichem Ton kosten ein paar tausend Euro weniger als die weissen, matt glänzenden. Auch das Preisgefälle ist bemerkenswert. Kann sich ein Käufer eine 1000-Euro-Kette leisten, liegt auch eine 2000-Euro-Kette drin. Kann er 2000 Euro auslegen, liegen auch 4000 Euro im Bereich des Möglichen. Als Schmankerl kommt dann noch der Verschluss dazu. Perlenketten werden im gut sortierten Handel ohne Verschluss verkauft. Zückt der Käufer verzückt die Kreditkarte, wird er in einem Nebensatz darauf aufmerksam gemacht, dass ohne Verschluss nichts geht. Weissgold? Mit ein paar Brilläntchen? Weitere 1000 Euro wechseln den Besitzer.
Von der Verkäuferin war Sebastian Rothmeyer hingerissen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sie trug ihr dunkles Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, wirkte ausnehmend gepflegt mit ihrem dezenten Lippenstift und den sorgfältig gezupften Brauen. Ihre ebenmässig geformten Zähne gaben Sebastian Rothmeyer den Rest. Er war Zahnarzt. Sie bat ihn, Platz zu nehmen. Klärte ihn über Unterschiede zwischen Süss- und Salzwasserperlen auf. Er lauschte nur ihrer Stimme. Stets wenn sie sich vornüber beugte um eine neue Kette auf die schwarze Samtunterlage zu legen, die sich vor ihm befand, konnte er einen Blick auf ihre Brust werfen.
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