Phryne

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Leif Larsson

Nur hin und wieder, wenn es galt, für die mühsam errungenen wissenschaftlichen Erkenntnisse die verdienten Lorbeeren in Gestalt eines Preises entgegenzunehmen, war ein Vertreter der oberen Etage mit von der Partie. Dieses Mal war Carlo allerdings wieder wie so oft ohne Begleitung unterwegs. Reine Routine eben. Eine Weltreise war es zu seinem Leidwesen nicht geworden, denn die Tagung war von einem Luxemburger Konzern ausgerichtet worden, doch drei Tage Aufenthalt mit reichlicher Verköstigung und formidabler Unterbringung waren ihm sicher.

Seinen Vortrag über ein vermeintlich innovatives und vermarktbares Spezialverfahren hatte er am zweiten Tag halten dürfen. Wieder war es ihm gelungen, eigentlich schon bekannte Fakten mit einigen neuen, aber wenig bedeutsamen Forschungsergebnissen so zu präsentieren, dass ihm ein über das höfliche Maß hinausgehendes Interesse sicher war. Schon vom Rednerpult herab hatte Carlo im Auditorium die Sponsoren und Geschäftspartner taxiert, von denen sich die Institutsleitung lukrative Projektbeteiligungen und andere Formen der geldwerten Förderung versprach. Nach seinem Vortrag würde er sie bei gutem Essen und reichlich Moselwein von der zu erwartenden win-win-Situation überzeugen müssen, damit das Projekt mit ihrem Geld am Leben erhalten werden konnte.

In der ersten Reihe des Auditoriums saß eine junge Frau. Sie war Carlo sofort aufgefallen. Er hatte ihr Konterfei bereits auf dem Einladungsschreiben zum Kongress und im Tagungsband gesehen. Sie war die Tochter und Erbin des Eigentümers des Luxemburger Mischkonzerns PharmaChemInvest, der das Meeting veranstaltete. An ihren Namen – Tina oder Suna sowieso? - konnte er sich leider nicht mehr genau erinnern. Sie war bei weitem nicht die einzige Zuhörerin in dem futuristischen Hörsaal des Kongresszentrums.

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