Phryne

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Leif Larsson

„Übrigens,“ eröffnete sie ihm plötzlich, als ob sie seine Gedanken gelesen hätte. „Erwarten Sie nicht von mir, dass ich mich heute mit Ihnen über die fachlichen Aspekte Ihrer Arbeit oder über ein mögliches joint venture unterhalte. Darum kümmern sich meine Mitarbeiter. Meine Einladung war rein privater Natur:“

Sie hatte Deutsch gesprochen. Jetzt dämmerte es Carlo, dass er unter all den Gästen einen besonderen Status genoss. Er hörte sich eine Erwiderung murmeln und spürte, wie sein Deodorant langsam aber sicher versagte. Sie schenkte ihm ihr bezaubernstes Lächeln und prostete ihm augenzwinkernd zu. Dann nahm sie die Konversation mit ihren Gästen an der gegenüberliegenden Seite der Tafel wieder auf. Wenn sie sich vorbeugte, um sich im Stimmengewirr dem Ungar, dem Italiener und der Österreicherin verständlich zu machen, warf er ihr verstohlene Blicke zu. Er betrachtete fasziniert das Profil ihres stets freundlich lächelnden Gesichts, das von dem grazilen Kinn, von den vollen Lippen und von der sanft geschwungenen Nase beherrscht wurde.

Während des Dinners war die Unterhaltung verständlicherweise etwas ins Stocken geraten. Lediglich der dicke Ungar redete unentwegt, was die Österreicherin mit missbilligenden Blicken durch ihre Hornbrille quittierte. Als das Dessert aufgetragen wurde, schenkte Sina van der Moelen Carlo wieder mehr Aufmerksamkeit.
„Wie gefällt Ihnen Ihre Unterkunft hier in der Stadt?“
„Ich kann mich nicht beklagen. Leider bleibt kaum Zeit, das umfangreiche Freizeitangebot komplett zu nutzen.“
„Es freut mich, dass das Hotel ihren Vorstellungen entspricht.“ versicherte Sie ihm und rührte mit einem winzigen Silberlöffel den Espresso in der dünnwandigen Tasse um. „Mein Vater hat es seinerzeit gebaut, obwohl der Bedarf an Hotelbetten bereits weitestgehend gedeckt war. Er setzte damals auf ein exklusives Wellnessangebot. Das war damals noch alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

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