Anastasia wurde am Einschlafen gehindert, weil der Wulst stets gegen ihr Kreuz stiess. König Alfons fiel bereits an Anastasias Geburtstag auf, dass etwas mit seiner Tochter nicht stimmte. Ihre Augen waren kleiner als sonst, und Anastasias Haar war nicht so sorgfältig geflochten wie üblich. Draussen warteten bereits Hunderte von Gästen, und König Alfons mochte seinen Stolz nicht so präsentieren. „Wasch Dich, Kind, und lass Dein Antlitz von Filomena auffrischen.“ Filomena war eine ehemalige Amme, die Anastasia seit ihrer Kindheit kannte. Sie war mittlerweile 68 Jahre alt und die Seele unter den Dienerinnen. Stets stand sie um vier Uhr auf, hackte Holz, wärmte Wasser, verteilte im ganzen Schloss Bettflaschen und sorgte für frisch gebackenes Brot auf dem Frühstückstisch.
Bereits wenig später erschien Anastasia dem Volk in ihrer gewohnten übernatürlichen Schönheit. Die Vögel verstummten, die Köche liessen ihr Küchengerät fallen, und die zahlreichen Blumen im Park gewannen an intensiven Farben und Düften. Die ganze Umgebung orchestrierte Anastasias Auftritt in einem langen, blauen Kleid, und schon allein ihre nackten Handgelenke waren eine Sünde wert.
Das Fest nahm seinen Lauf, in Fröhlichkeit, Glück und Wohlstand, und niemand merkte, dass sich ein Düsterling unter die feiernde Gesellschaft mischte.
Nadir wohnte, wohl als einziger Mensch, im Verbotenen Wald, in einer Kate, und niemand wusste, wovon er lebte und was er dort trieb.
Er sah nicht aus, als würde er sich nur von Beeren ernähren, war korpulent und hatte grosse, starke Knochen. Um nicht aufzufallen, begab sich Nadir nur für kurze Zeit in Anastasias Nähe, fixierte sie, so, als wollte er Mass nehmen, presste den Mund zu einem schmallippigen Lächeln zusammen und entschwand in der einsetzenden Finsternis.
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