Meine Güte, ich war siebenundzwanzig Jahre alt und alles andere als ein kleines Kind.
Die Immobilienabteilung der Bank unterstützte mich bei der Wohnungssuche in der Nähe der Zentrale. Das Ergebnis war zwar klein, aber frisch renoviert und dadurch modern geworden. 1.Obergeschoss, nach hinten raus und dementsprechend ruhig. Genau das, was ich jetzt brauchte: ein kleines, bezahlbares Reich, in das ich mich abends zurückziehen konnte und in dem die Türen breit genug für meinen Rollstuhl waren.
Ein Sportstuhl übrigens, extra schmaler Sitzfläche und schmalen Rädern. Schmal deshalb, weil ich selbst auch nur eine zierliche Person bin. Umgangssprachlich nannte man so jemanden wie mich wohl „halbe Portion“ oder „halbe Lunge.“
Meine Eltern erledigten den Umzug, beziehungsweise fuhren meinen Kram, halfen beim Saubermachen und Einräumen. Meine Mutter heulte Schnotten und Rotz, nachdem alles verstaut war und sie mich alleine zurücklassen musste.
Für mich war es ein zweischneidiges Schwert. Einerseits tat es gut und kam mir wie eine Erlösung vor, endlich wieder auf eigenem Fuß zu stehen, doch andererseits fühlte ich mich in manchen Dingen hilflos und vor allem alleingelassen.
Die paar Meter bis zur Bank waren mit dem Rolli kein Problem. Ok, zu Anfang taten mir doch ein wenig die Arme weh, wenn ich die Strecke hinter mich gebracht hatte. Das zusätzliche Training kam mir allerdings recht gelegen, denn im Büro versuchte ich so viel wie möglich mein Bein zu nutzen, zuhause sowieso.
Einige Wochen waren ins Land gegangen. Ich war immer noch allein, denn die Flirtversuche meiner Kollegen und auch die Annäherungsversuche anderer Kandidaten wehrte ich erfolgreich ab.
Wir, also meine Eltern und ich, feierten Weihnachten und Sylvester zusammen und auch meinen achtundzwanzigsten Geburtstag am 25. März. Das Leben hatte mich insoweit wieder, dass ich mich ganz gut zurechtfand und mich auch an das fehlende Bein gewöhnt hatte. So schwer war das gar nicht, aber die Joggingrunden von früher, fehlten mir richtig.
Und der Sex natürlich. Mein batteriebetriebener Freund war zwar fleißig und unermüdlich, aber kein wirklicher Ersatz für ein hartes, pulsierendes Stück Fleisch, benutzt von einem Herrn, der gut damit umgehen konnte. Dabei kam es mir nicht unbedingt auf die Größe an. Ich brauchte keinen zwanzig Zentimeterschwanz oder einen, der dick wie ein Frauenunterarm war. Wie schon erwähnt, bin ich selbst sehr zierlich und auch untenrum ziemlich eng gebaut. Mir reichte ein durchschnittlicher Lümmel, mittelmäßig lang und dick, wie ihn wohl die überwiegende Mehrheit der Herren zwischen den Beinen trug, um mich glücklich zu machen. Aber wenn ich ehrlich war, hatte die Trennung von Matthias einen ziemlichen Knacks in mir verursacht. Nur deshalb tat ich mit gutem Erfolg auf „Frau Unterkühlt“.
So weit so gut. Dann geriet mein bis dahin geordnetes, sittsames Leben ein wenig aus den Fugen. Und das kam so …
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