Ragazza Tedesca

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Ragazza Tedesca

Ragazza Tedesca

Anita Isiris

Das kleine Dorf am Lago di Como wurde jedes Jahr von mehr oder weniger denselben Touristen heimgesucht. Da war das ältere britische Ehepaar – er, der klassische Foxhunter mit Schnauzer und antikem Spazierstock, sie, mögliche Schwester der Queen, mit langem, dunkelblauem Mantel – auch im Sommer. Da gab es die vollbusige blondierte Deutsche mit ihrem gestresst wirkenden Ehemann, der für Infineon arbeitete und jeder Italienerin nachstarrte, in der naiven Annahme, seine Lebenspartnerin merke dies nicht.
Undsoweiterundsofort.
Das deutsche Paar war diesmal mit einer dritten Person unterwegs, die im Dorf bisher noch keiner kannte: Mit nabelfreiem, dunkelrotem Top, blondem, gewelltem Haar, gepierctem Nasenflügel, laszivem Mund und übereinandergeschlagenen, langen Beinen, die in Plateauschuhen endeten, sass da Ute, die Tochter der beiden. Genüsslich leckte sie an einem Stracciatella-Eis, das sie sich soeben unter einem Gewitter unmissverständlicher Männerblicke in der Bar am Tresen geholt hatte. Eigentlich hatte Ute nicht mitfahren wollen – für sie waren ihre Eltern der Inbegriff von allem, was sie in ihrem Leben nie erreichen wollte. Andererseits war sie knapp bei Kasse, Italien war ein in jeder Hinsicht attraktives Land – und der Urlaubsaufenthalt dauerte ja bloss eine Woche. Dann ging’s zurück ins graue Hannover, zurück zu den Prüfungsvorbereitungen.
Ute wusste um ihre Wirkung auf Männer – und strich sie bewusst hervor. Sie konnte hier nur gewinnen – und der Aufenthalt dauerte bloss eine Woche. Die Piazza mit den alten Pflastersteinen wurde jeden Sommer zu einer Art Catwalk – es amüsierte sie, zu beobachten, wie unbeholfen gewisse Italienerinnen auf ihren unbequemen Stöckelschuhen neben ihren gestylten Jungs einhertrippelten – und dabei mehr oder weniger unfreiwillig ihren Hintern schwenkten.

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