Düfte wehen vorbei. Da hat sich ein Mann besonders großzügig mit Rasierwasser eingesprüht. Dort ist einer eben erst aus der Dusche gesprungen, um einzutauchen in die wieder erwachte Reeperbahn, den Kiez. Anders als bei meinem letzten Aufenthalt hier, der mitten im Lockdown lag, nähert sich die Ausgehmeile wieder dem an, was sie einmal war. Gruppen von feixenden Männern streben auf den Eingang der Herbertstraße zu, drücken sich durch den schmalen Schlitz, den zwei Holzwände versetzt zueinander gestellt, frei lassen. Zutritt nur für Männer über 18, sagt ein Schild. Ich darf nicht mehr eindringen in diese Zone wie beim letzten Mal, als sie von Nutten verlassen dalag. Jetzt sehe ich beim verstohlenen Blick um die Ecke wieder rote Lämpchen leuchten, erhellte Fenster. Die abgesessenen Drehstühle, die sich mir beim letzten Mal präsentierten, werden weiter abgesessen, die Boxen mit Taschentüchern für Spermareste wieder geleert.
Am frühen Abend strömen die Gruppen junger Leute herbei. Sie werden eingeladen von offenen Türen, aus denen aufpeitschende Musik dringt. An der Eckkneipe steht ein Barhocker vor der Tür, für den Türsteher. Er ist groß und anziehend, ein Hamburger Gestirn, ein typischer Norddeutscher, die mit dem frechen Tonfall und den ebensolchen Augen. Ich suche seinen Blick, um ihn anzuhimmeln, wenigstens kurz. Es gelingt. Seine blauen Augen durchdringen mich für einen Moment, bevor er wieder Handys checken muss, mit Impfnachweisen.
„Einlass nur mit 2 G“ steht auf provisorischen Zetteln und Schildern überall, die an Fenstern und Türen geklebt sind. Party, Saufen und Ficken nur unter Droge von der Pharma-Industrie. Sofern man noch einen hochkriegt, sofern man sich noch spürt, sofern man noch eine Aura hat, sofern man noch einen Trieb hat, so wie er von der Natur geschaffen wurde. An einer Holztür prangt ein verlockendes Schild an diesem Freitagabend: SM und Fetisch Abend – Für Alle – Paare 25 Euro, Einzelpersonen 15 Euro.
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