Oft hielt er sie im Arm, spürte ihren Körper, roch ihre Haut, ihr Haar und mit der Zeit meinte er zu spüren, dass sie sich näher an ihn drückte. Er gab seinen Regungen nicht nach, denn ein Missverständnis könnte fatale Folgen haben, menschlich wie beruflich. Doch lange mußte er nicht mehr warten, dann küsste sie ihn. Erschrocken über ihr Überschreiten jener unsichtbaren Grenze, blickte sie ihn ernst und ratlos an, doch er drückte sie sanft an sich. Nach ein paar langen Augenblicken lösten sie sich voneinander, denn es war ja noch reichlich Betrieb im Laden, und verabredeten sich für den Abend in einem Lokal.
Es wurde ein wunderschöner Abend, ihre Nervosität, die man ihr mehr anmerkte als ihm, legte sich mit der angeregten Unterhaltung und mehr als sonst sprudelte es aus ihr heraus. Sie rückten zunehmend näher zusammen und die beiläufigen Zärtlichkeiten mündeten in verschmuster Nähe, Verliebte eben, die im Augenblick versinken. Der liebevollen Begegnung wohnt die Erregung wie selbstverständlich bei, sie sucht aber nicht drängend Erfüllung, denn hier sind frühzeitige Grenzüberschreitungen eine Gefahr, können Ersehntes zerstören. Nach seiner Affäre mit Tina, der außergewöhnlichen Begegnung mit Rikki, Freddy und Julia sowie dem unbeschwerten, zeitlosen Sommer mit Karin war er vollends abgedriftet in den Bereich der Eroberungen für eine Nacht, von denen einzig das gelegentliche Auftauchen Rikkis eine wohltuende Vertrautheit beinhaltete. Nur sie verkörperte eine gemeinsame Geschichte über einen Zeitraum vieler Jahre und das gibt der erotischen Begegnung eine Dimension, der die Erregung des spontanen Aktes selten gleichkommt. Er wollte also vorsichtig sein und ein zartes Pflänzchen nicht knicken, das vielleicht zu etwas Größerem werden konnte. Sie verabschiedeten sich verlegen vor dem Lokal und er merkte, wie sie mit sich rang, es wohl für unmoralisch hielt, ihm ein ebensolches Angebot zu machen.
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