Da er ebenfalls keinen Versuch unternahm, trennten sie sich mit der Sicherheit, sich in wenigen Stunden ja wieder zu sehen.
Schon wieder eine Liebe am Arbeitsplatz, aber doch so ganz anders als zwei Jahre zuvor. In diesem Umfeld hielten sie sich bedeckt, es bedurfte hierzu keiner Absprache. Seine Zurückhaltung hielt er auch den zweiten Abend durch und so wurden beim dritten Treffen ihre Küsse fordernder, ihre Umarmung wilder, bis sie ihn schließlich fragte, ob er mitkommen möchte. Sie war dabei nicht wirklich unsicher, seine Zärtlichkeiten hatten an seinem Begehren sicherlich keinen Zweifel aufkommen lassen, aber sie entschied. Und das war gut so.
Er begab sich nicht auf fremdes Terrain, denn ihre Wohnung — jung, verträumt, gemütlich — hatte er schon auf gelegentlichen Feiern kennen gelernt, und in die heiße Erregung vor der unbekannten Begegnung als Mann und Frau mischte sich die wohlige Gewissheit, mit ihr aufwachen zu wollen. So sehr das Begehren einer Liebschaft für eine Nacht auch dem Selbstwertgefühl schmeichelt, das Gefühl, dass sie in ihn verliebt war, ihn als Person begehrte, drang viel tiefer. Ob eseine Zukunft geben könnte, konnte er sich nicht beantworten, und ob sie sinnlich harmonierten, wollte er ganz vorsichtig herausfinden. Obwohl nichts störte, lief es nicht wie von selbst. In seinen frühen Jahren hatte ihn, angesichts der berechtigten Vorhaltungen Rikkis, ein männerkritisches Buch – „Der Mann auf der Straße“ sehr beeindruckt, insbesondere ein Kapitel, das die Überschrift trug „Kann eine Frau einen Mann auf eine Tasse Kaffee zu sich einladen oder ist der zivilisatorische Stand hierfür noch nicht erreicht?“ Verliebt wie er war, hatte er plötzlich Angst, durch zudringliches Auftreten das wunderschöne Gefühl dieses Abends zu zerstören. Zwar meinte er, ihre Gefühle und ihre Sehnsucht richtig zu verstehen, aber vielleicht war hier nur der Wunsch der Vater des Gedankens?
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