Er war wieder Kunde, sie die Prostituierte, die er aufsuchte, um eine Dienstleistung zu erhalten. Als er sie zur Begrüßung auf den Mund küssen wollte, wandte sie sich ab und machte im klar, wie die Dinge jetzt wieder standen. Er war ziemlich enttäuscht, denn er hatte sich mehr Entgegenkommen versprochen, schließlich hatte sie nur wegen seines Geldes zu ihrer kranken Mutter reisen können, schließlich hatte er ihr den halben Flug, das Hotel, den Bus, das Taxi, das Essen, fast alles, was angefallen war, bezahlt. Aber für sie schien das eine andere Welt gewesen zu sein, eine ferne Vergangenheit, kein Grund für irgendwelche Verpflichtungen. Sie erledigte ihren Job wie immer, also zufriedenstellend, jedoch nicht mehr. Sie liebten sich, wenn man dieses Wort überhaupt noch verwenden darf, ohne einen Hauch der besonderen Erregtheit, die beide unter der südlichen Sonne, besser gesagt unter dem äquatorialen Mond, verbunden hatte. Dieses wunderbare Gefühl war nicht mehr vorhanden. Sie wollte auch in keiner Weise an die Reise erinnert werden, geschweige denn etwas über diese seltsame Abschiedsfeier sagen, die ihm immer wieder durch den Kopf ging. Ihr ständiger Spruch war, so sind Abschiede nun einmal in Afrika. Auch deswegen war er irritiert, sie fand es normal.
Normal waren aber in den folgenden Wochen ein paar Dinge ganz und gar nicht. Wie vor der Reise ging er einmal in der Woche zu Anita, so nannte er sie wieder, nachdem ihre Vertrautheit auf so seltsame Weise verflogen war, entweder am Donnerstag oder am Freitag kurz vor Mitternacht. Wenn es also an der Zeit war, sie aufzusuchen, spätestens am Donnerstag gegen Mittag, überfiel ihn eine seltsame Unruhe. Es war, wie wenn er literweise Kaffee getrunken hätte oder wie vor einer wichtigen Prüfung, die sein ganzes Denken beherrschte. Ein unangenehmes, beklemmendes Gefühl nistete sich ein und das hatte rein gar nichts mit sexuellem Verlangen zu tun.
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