Die Reise

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Die Reise

Die Reise

Yupag Chinasky

Wenn er sie dabei neugierig beobachtete, schaute sie mit einer Mischung aus Provokation und Entschuldigung zurück. Es war ihr anscheinend gar nicht peinlich, aber auch nicht selbstverständlich. Ganz am Anfang ihrer Beziehung, als sie das zum ersten Mal getan hatte, hatte sie erklärt, dass sie immer über den Flur gehen müsse, um zum Klo zu gelangen und das wolle sie nicht, wenn sie nicht angezogen sei. Ob es ihn störe, hatte sie noch gefragt, und als er sagte, im Gegenteil, grinste sie ihn vieldeutig an, als wolle sie sagen, das ist eine Gratiszugabe von mir für dich. Erst wenn sie fertig war und ihre wenigen Kleidungsstücke wieder angezogen hatte, auch ein Akt, den er mit Interesse verfolgte, stand er auf, wusch sich, zog sich an und legte das Geld auf das Nachttischchen oder wenn, er gut gelaunt war, steckte er es ihr in den BH und küsste die beiden Halbkugeln. Üblicherweise gab er ihr ein Trinkgeld, weil es entweder gut gelaufen war oder weil sie sich lange, manchmal leider auch erfolglos, abgemüht hatte, ihn zu dem finalen Höhepunkt zu bringen, der nun mal beim Koitus erreicht werden sollte. Sie war dabei nie ungeduldig und das schätzte er an ihr. Wenn er sein Ziel nicht erreichte, nahm er es nicht tragisch, er wusste, dass dies in seinem Alter normal war und er musste ja hier keine Show abziehen oder sich ständig selbst bestätigen. Er wusste auch, dass kleine Geschenke die Freundschaft erhalten und weil er auch sonst immer nett zu ihr war, hatte er den Eindruck, dass sie sich aufrichtig freute, wenn er kam. Einmal fragte er sie, ob sie eifersüchtig wäre, wenn er zu einer anderen gehen würde und sie es mitbekäme. Zuerst verneinte sie, es sei ja nur ein Geschäft, aber dann meinte sie doch, dass es sie schmerzen würde, weil sie ja wohl etwas falsch gemacht haben müsse, wenn er nicht zu ihr käme.

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