Die Reise

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Die Reise

Die Reise

Yupag Chinasky

Er hatte mit ihr geschlafen, noch bevor er ihren Namen kannte. Das war nicht verwunderlich, denn an dem Ort, an dem sie sich zum ersten Mal trafen, legt man nicht sehr viel Wert auf Namen, auf die richtigen Namen jedenfalls. Die Männer nicht, weil sie keine Spuren hinterlassen wollen, die Frauen nicht, weil sie Beruf und Privatleben trennen möchten. Sie nennen einen Namen, sie wollen, dass man sich an sie erinnert, dass man wieder zu ihnen kommt, aber auch sie wollen sich schützen. Sie nannte sich Anita, ein Name, der ihm etwas seltsam für eine dunkelhäutige Nutte vorkam. Sie sah jung aus, hatte ein ansprechendes Gesicht, lebhafte dunkle Augen und glatte, schwarze Haare. Sie verhandelten kurz über Leistung und Preis und schon kurz danach konnte er auch die Qualität ihrer schlanken Figur bewundern, als sie in völliger Nacktheit vor ihm stand. Sie hatte sich ihrer wenigen Kleidungsstücke ohne zu zögern entledigt, eine Art weißes Hemdchen mit vielen Einblicken, das zugleich ein sagenhaft kurzes Röckchen war, ein knapper, blauer BH und ein weißer Slip, ebenfalls ein Hauch von Nichts, lagen schon auf einem Stuhl, während er sich auszog. Dann gab er ihr, wie beim ersten Besuch üblich, das vereinbarte Geld und sie schloss es in ihrem Schrank ein. Sie wusch sich unten herum und erwartete, dass er dasselbe tat. Bevor sie sich zu ihm legte, erklärte sie noch, dass bei ihr Küsse auf den Mund tabu seien und auch ihre Brustwarzen dürfe er nicht in den Mund nehmen, das sei ihrem „boy friend“ vorbehalten. Auf seine Nachfrage, ob er ihre Intimsphäre lecken dürfte, meinte sie, die gehöre zum Geschäft und er dürfe es, allerdings gegen einen Aufpreis. Er willigte ein, gab ihr das zusätzliche Geld und nun begann sie, ihn oral zu bearbeiten, während seine Hände über ihre glatte, dunkle Haut strichen und sie liebkoste. Ihre Brüste waren klein, aber straff und auch ihr Hintern war sehr ansprechend. Anita fühlte sich gut an und roch auch gut. Nach einer Weile wechselten sie in die 69 Stellung und dann war er auch schon soweit. Er lag auf dem Rücken, sie hockte sich auf ihn und bewegte sich rhythmisch auf und ab. Das Gesicht war ihm zugewendet, er drückte sanft ihre kleinen Brüste und sie schaute ihn ernsthaft an. Vermutlich wollte sie wissen, wenn es ihm kam und fast wäre es auch geschehen, aber dann musste sie doch noch zum guten Schluss ihre Hände zur Hilfe nehmen.

Er besuchte sie öfters. Meistens hatte er Glück und sie war frei. Manchmal musste er warten und einmal ging er wieder, weil sie zu lange beschäftigt war. Es störte ihn nicht, zu wissen, dass sie es mit anderen Männern trieb, es war schließlich ihr Beruf und nur deswegen war auch er hier. Er fragte sie jedes Mal, wie die Geschäfte liefen. Sie klagte oft, dass die Straße zwar voll sei, aber die Typen nur zum Gucken gekommen seien. Dann wünschte er ihr mehr Erfolg und das meinte er auch ernst, schließlich war sie ja nicht seine Geliebte oder Freundin und Erfolg im Beruf wünscht man ja so gut wie jedem. Schon nach wenigen Besuchen hatte sich eine Art Ritual in ihrem Zusammenseins eingestellt. Er ging an ihrem Fenster vorbei, sie schauten sich kurz, fast unmerklich an, sie verließ ihren Platz, er wartete an der Haustür, dass sie den Öffner betätige. Während sie die Treppe hochstiegen, tätschelte er ihren kleinen, wohlproportionierten Hintern und fragte „How are you?“. Sie war immer sehr freundlich, lachte viel, und bevor sie zur Sache kamen, stellte sie sich auf das Podest, auf dem ihr Bett stand. Nun erst waren sie auf Augenhöhe und er umarmte sie, drückte sie an sich, tätschelte ihren Hintern erneut und sie schmiegte sich, so empfand er es zumindest, lustvoll an ihn. Bevor sie zur Sache kamen, redeten sie miteinander, manchmal auch noch danach. Es war nicht viel, nicht lange und meistens handelte es sich immer um dieselben, belanglosen Dinge, wie das Wetter, Urlaubspläne oder eben wie das Geschäft lief. Manchmal brachte er ihr Süßigkeiten mit, über die sie sich zwar freute, aber auch immer bemerkte, sie würden sie dick machen und ihr Bauch sei zu fett. Das stimmte überhaupt nicht, sie war rank und schlank und die kleine Wölbung ihres Bauches machte ihre Figur erst perfekt.

Mit der Zeit entwickelte sich eine gewisse Sympathie auf beiden Seiten und Anita erzählte ihm von ihren Kindern und ihrer Familie und dass sie hier ganz allein sei und diese ungeliebte Arbeit nur mache, weil sie gut verdiene, viel mehr als mit putzen und etwas anderes könne sie auch gar nicht, sie habe nur eine schlechte Schulbildung und auch sonst keine Ausbildung und damit keine Chance auf einen anderen Job, weder hier und in ihrer Heimat schon gar nicht. Dort sei es hoffnungslos und sie müsse so lange hier bleiben, wie sie Schulgeld bezahlen müsse und das würde noch eine Weile dauern. Sie würde für ihre Kinder alles machen, sie sollten es einmal besser haben im Leben. Auf Nachfrage erfuhr er, dass sie geschieden war und dass sie keinen Kontakt mehr zu dem Vater ihrer Kinder habe, der natürlich auch keinen Cent für die Kinder bezahlen würde, die ja auch sein Werk waren. Wenn sie dieses wichtige Ziel erreicht habe, würde sie gerne wieder in ihre Heimat zurückkehren und dort ein Geschäft betreiben, einen Frisiersalon oder etwas ähnliches, obwohl das Leben hier besser und einfacher sei, aber sie sei Afrikanerin, liebe ihre Heimat und habe dort auch viel Verwandte. Diese Dinge aus ihrem privaten Leben erzählte sie, wenn sie mit der Arbeit fertig waren und es gut gelaufen war und beide noch ein Weilchen auf dem breiten Bett lagen, um sich zu erholen und zu entspannen. Dann stand sie auf, immer als Erste, wusch sich wieder, pinkelte ab und zu in eine Schüssel oder in einen großen Joghurtbecher. Wenn er sie dabei neugierig beobachtete, schaute sie mit einer Mischung aus Provokation und Entschuldigung zurück. Es war ihr anscheinend gar nicht peinlich, aber auch nicht selbstverständlich. Ganz am Anfang ihrer Beziehung, als sie das zum ersten Mal getan hatte, hatte sie erklärt, dass sie immer über den Flur gehen müsse, um zum Klo zu gelangen und das wolle sie nicht, wenn sie nicht angezogen sei. Ob es ihn störe, hatte sie noch gefragt, und als er sagte, im Gegenteil, grinste sie ihn vieldeutig an, als wolle sie sagen, das ist eine Gratiszugabe von mir für dich. Erst wenn sie fertig war und ihre wenigen Kleidungsstücke wieder angezogen hatte, auch ein Akt, den er mit Interesse verfolgte, stand er auf, wusch sich, zog sich an und legte das Geld auf das Nachttischchen oder wenn, er gut gelaunt war, steckte er es ihr in den BH und küsste die beiden Halbkugeln. Üblicherweise gab er ihr ein Trinkgeld, weil es entweder gut gelaufen war oder weil sie sich lange, manchmal leider auch erfolglos, abgemüht hatte, ihn zu dem finalen Höhepunkt zu bringen, der nun mal beim Koitus erreicht werden sollte. Sie war dabei nie ungeduldig und das schätzte er an ihr. Wenn er sein Ziel nicht erreichte, nahm er es nicht tragisch, er wusste, dass dies in seinem Alter normal war und er musste ja hier keine Show abziehen oder sich ständig selbst bestätigen. Er wusste auch, dass kleine Geschenke die Freundschaft erhalten und weil er auch sonst immer nett zu ihr war, hatte er den Eindruck, dass sie sich aufrichtig freute, wenn er kam. Einmal fragte er sie, ob sie eifersüchtig wäre, wenn er zu einer anderen gehen würde und sie es mitbekäme. Zuerst verneinte sie, es sei ja nur ein Geschäft, aber dann meinte sie doch, dass es sie schmerzen würde, weil sie ja wohl etwas falsch gemacht haben müsse, wenn er nicht zu ihr käme. Zum guten Schluss brachte sie ihn zur Haustür, drückte den Öffner und mit einem Küsschen auf ihre Wangen und dem Wunsch, sie möge auf sich aufpassen, schieden sie in Harmonie.

So gern sie von ihrer Familie, besonders von ihren Kindern, redete, sie hatte wohl sonst niemanden, der ihr zuhörte, so selten sprach er über sich selbst. Eines Tages erzählte er ihr aber doch von einem Wunsch, den er schon lange hege und den er sich bisher nie erfüllen konnte. Er würde sehr gerne, wenigstens einmal in seinem Leben, nach Afrika fahren, nicht als üblicher Tourist in einer Safarigruppe oder zu einem dieser unsäglichen Freizeitclubs am Meer, nein einfach so, in eine der großen Städte, zum Beispiel in die Hauptstadt ihres Heimatlandes, und dort ein paar Tage verbringen. Er würde nichts anderes machen, als herumlaufen, fotografieren, die Atmosphäre aufsaugen, dann wieder zurück. All die Highlights, die in Reiseführern beschrieben würden interessieren ihn nicht, er wolle das tägliche Leben sehen, die Menschen auf den Straßen, interessante Gesichter finden. Solch ein Fototrip würde höchstens eine Woche dauern und er habe das schon oft gemacht, aber Afrika stehe noch aus. Sie hörte interessiert zu, aber dann kamen sie nicht weiter auf das Thema zu sprechen, bis sie ihm eines Tages sagte, dass ihre Mutter sehr krank sei und sie zu ihr müsse, um sie noch einmal zu sehen. Sie könne nur kurz wegbleiben, weil sie ihr Zimmer hier nicht aufgeben wolle und sich auch keinen längeren Verdienstausfall leisten könne. Aber, fuhr sie nach kurzem, jedoch deutlichem Zögern fort, der Flug sei teuer und sie habe im Moment nicht genug Geld, weil sie zu Beginn des Schuljahrs immer hohe Summen an ihre Schwester schicken müsse, die sich um die Kinder kümmere und auch alle schulischen Dinge erledige. Nach einem erneuten Zögern fragte sie, ob er ihr etwas Geld leihen könne, ein paar Hundert Euro, mehr nicht und sie würde ihm alles zurückgeben, er könne sich darauf verlassen. Die Bitte kam für ihn überraschend, denn bisher hatte er den Eindruck, dass sie in ihrem Job ganz gut verdiene, deshalb zögerte er mit seiner Antwort. Würde er das Geld jemals wiedersehen? Aus den Augen, aus dem Sinn? Andererseits, warum sollte er ihr nicht helfen, nachdem sie sich doch ganz gut verstanden und nun schon über längere Zeit regelmäßig Kontakt hatten, warum sollte sie ihn bescheißen warum sollte sie nicht zurückkommen, wo sie das Geld doch brauchte, dass sie hier verdiente. Als er mit einer Antwort zögerte, sagte sie ganz direkt, sie könne verstehen, dass er um sein Geld fürchte, dass er Angst habe, es nicht mehr zurückzubekommen, aber wie wäre es, wenn er mitkäme. Er wolle doch schon immer mal nach Afrika, das habe er doch selbst gesagt und jetzt wäre doch eine gute Gelegenheit diese Reise zu machen, mit ihr. Sie könnten zusammen fliegen, fuhr sie voller Begeisterung fort, als sie merkte, dass er sich zu interessieren begann, und während sie bei ihrer Familie wäre, könnte er in der Hauptstadt fotografieren. Vielleicht hätte er sogar Lust, ihre Familie zu besuchen, die gar nicht weit weg von der Hauptstadt lebe. Wenn es der Mutter nicht ganz schlecht ginge, würden ihre Verwandten sich freuen und er könnte auch in ihrer Heimatstadt schöne Bilder machen. Anita steckte ihn mit ihrer Begeisterung regelrecht an und erweiterte ihren Vorschlag, wenn er bereit wäre, die Reisekosten vorzuschießen oder vielleicht sogar einen Teil ihrer Kosten zu übernehmen, könnte sie dafür seine Fremdenführerin sein und ihm alles zeigen, was er wolle. Mehr noch, er wäre in dieser Zeit ihr „boy friend“ und dann könne er selbstverständlich mehr von ihr im Bett erwarten, als sie ihm hier geben würde und das würde er ganz sicher nicht bereuen. Langsam nahm auch er Fahrt auf, aber trotz aller Begeisterung, trotz aller Pläne, die sie schmiedeten, gab es immer noch Zweifel und Bedenken, ob es wirklich zu der Reise kommen würde, und ob alles klappen würde und ob und ob noch viele obs. Um diese Zweifel auszuräumen, blieb ihnen aber keine Zeit. Anita wollte aus verständlichen Gründen so rasch wie möglich fliegen und für ihn war weder das Geld noch der Termin ein richtiges Problem.
Es gab nicht viel vorzubereiten, den Flug und den Aufenthalt im Hotel buchte er im Internet, ein paar Dollars Bargeld besorgte er sich auf dem Flughafen, ansonsten vertraute er auf seine beiden Kreditkarten. Der Flug war ruhig und nun erst erfuhr er, dass Anita ihr Künstlername war, in Wirklichkeit hieß sie Angela. Sie zeigte ihm ihren Pass, dabei sah er auch, dass sie deutlich älter war, als er gedacht hatte. Er schrieb sich die Adresse ihrer Eltern auf, zu denen sie schon am nächsten Tag fahren wollte. Je nachdem, wie es ihrer Mutter ginge, könne er nachkommen, wenn er wolle und wenn ihre Eltern nichts dagegen hätten. Von der Stadt sah er an diesem Tag nicht viel, nur das, was man zu sehen bekommt, wenn man spät abends in einem Taxi vorm Flughafen zum Hotel fährt. Dieses hieß „Etoile“ und gehörte zu einer bekannten Kette, die ihren Kunden alles versprach, was sie hören und erleben wollten. Es lag recht günstig, nicht weit weg vom Zentrum und besaß einen schönen Garten und einen Pool. Es war, wie sich zeigen sollte, auch ganz in Ordnung. Die erste Nacht, die sie zusammen in Afrika verbrachten, war mehr als nur in Ordnung und mehr als nur höchst angenehm, wenn auch alles andere als erholsam. Er war nun nicht mehr ihr Kunde, sondern ihr boy friend und sie gab ihm alles, was sie ihm bisher verwehrt hatte. Sie küsste ihn, kaum dass sie nach einem kleinen Abendessen in ihrem Zimmer waren, leidenschaftlich auf den Mund, ihre Zunge wühlte dort unermüdlich umher, dann bot sie ihm ihre Brüste dar, auch die waren nicht mehr tabu. Schließlich wendete sie noch einige Tricks und Finessen an, die sie in ihrem Berufsleben erlernt hatte, bevor ihre Körper sich vereinten. Aber auch danach war sie unermüdlich, machte an ihm herum und wollte auch mehr und noch mehr, bis er völlig erschlafft war und wirklich nicht mehr konnte. Es war, um es kurz zu machen, die aufregendste Nacht seines Lebens, fast ohne Schlaf, aber voller Sex und voller neuer Erfahrungen. Diese Intensität, diese Abwechslung, diese Unermüdlichkeit hatte er nicht erwartet und es tat ihm aufrichtig leid, dass sie ihn schon am nächsten Tag verlassen würde. Auch sie war ganz zufrieden, aber wohl eher deswegen, weil er nicht nur das Hotel und die Hälfte ihres Flugs bezahlt hatte, sondern ihr auch noch ein paar Scheine für die Weiterfahrt gegeben hatte. Das sagte sie zwar nicht, dafür erklärte sie ganz entschieden, es sei ein ganz großer Unterschied, ob sie mit einem Kunden oder mit einem „boy friend“ schliefe und dass es ganz anders und viel besser mit einem „boy friend“ sei. Dann machte sie ihm noch ein Kompliment, er sei sehr süß und für sein Alter sehr in Form. Auch sie wäre gerne noch eine weitere Nacht hier im Hotel geblieben und gerne noch mehr solch guten Sex mit ihm gehabt, aber sie durfte ja nicht zu spät zu der kranken Mutter kommen und außerdem würden sie bald wieder zusammen sein. Nach dem Frühstück fuhren sie mit einem Taxi zum Busbahnhof. Dort trennten sie sich mit ein paar heißen Küssen, Mund zu Mund. Sie versprach, ihn bald anzurufen und dass sie, hoffe, er würde nachkommen, auf jeden Fall wäre sie aber rechtzeitig wieder hier, bevor sie zurückfliegen müssten.

Der erste Tag in der fremden Stadt war interessant, wenn auch nicht aufregend. In der Innenstadt gab es nicht viele Sehenswürdigkeiten, die ihn interessierten, aber derentwegen war er ja ohnehin nicht gekommen. Er wanderte gemächlich durch die Straßen, machte einige Aufnahmen, die ihm aber, als er sie am Abend auf sein Notebook übertrug und dabei begutachtete, allesamt nicht so recht gefielen, Straßenszenen ohne ein besonderes Flair, der ihm immer auf seinen Bildern wichtig war. Auch die Menschen waren durchschnittlich, nichts Aufregendes, nichts besonders und nicht einmal die Frauen waren erwähnenswert. Er tröstete sich, dass der erste Tag einer Fotoreise meistens nicht viel brachte, man musste sich erst auf die Situation einstellen, die Szenen und die Menschen sehen, bevor man sie gut aufnehmen konnte. Zur Siesta kehrte er zurück in das Hotel und zog es wegen der Hitze vor, den Nachmittag am Pool und in dem wirklich schönen Garten zu verbringen, das Internet ermöglichte ihm, sich jederzeit E-Books und Hörbücher oder Videos herunterzuladen. Am Abend aß er wieder im Restaurant des Hotels, diesmal allein. Um wenig Probleme mit der Verdauung zu bekommen, hatte er Hühnchen bestellt, internationale Küche für alle Gelegenheiten, bei der man nichts falsch machen konnte. Der Wein war aus Frankreich, angeblich ein Qualitätsprodukt, aber er war zu süß und zu warm und auch zu teuer. Angela hatte weder auf seinem Handy angerufen noch eine Nachricht im Hotel hinterlassen und er war ein wenig traurig, als er an die letzte Nacht dachte. Diese Nacht verbrachte er unruhig, wie so oft, wenn er auswärts schlafen musste. Am zweiten Tag ging er früh los und wollte diesmal die Peripherie erkunden und vor allem Menschen fotografieren. Doch er musste die Erfahrung machen, dass es auch auf den Straßen abseits des Zentrums wenig interessante Motive gab und dass die Menschen eher unwillig waren, wenn er versuchte Bilder zu machen oder dass sie Geld wollten, was er wiederum strikt ablehnte. Da es zudem heiß und schwül war, war der Tag anstrengender und unergiebiger als er es sich vorgestellt hatte. Einmal war er sogar in eine etwas prekäre Situation geraten, als ihm in einer Nebenstraße eine Horde Jugendlicher den Weg verbaute. Sie wollten offensichtlich Geld, eine Art Wegzoll, und stellten ihre Forderungen ziemlich laut und aggressiv, aber in einer für ihn unverständlichen Sprache. Er hatte zwar keine Angst, fragte sich aber, wie er sie los werden konnte. Ob ein paar Münzen reichen würden, oder müssten es Scheine sein, so stand es doch in den Ratgebern. Er hatte nicht viel dabei und fing schon an, in den Taschen zu kramen, als ein älterer Ladenbesitzer auf die Straße trat und die Bande verscheuchte. Er bedankte sich und der Mann gab ihm in holprigem Englisch den Rat, diese Gegend zu meiden, sie sei nicht gut für Fremde. Nach diesen ernüchternden Erfahrungen ging er zurück in das Hotel und war froh, als ihn Angela gegen Abend anrief und ihn bat, nachzukommen. Ihrer Mutter ginge es viel besser, als sie gedacht hatte und die Familie würde sich freuen, ihn kennenzulernen, sie sei richtig gespannt auf ihn, auch ihre Kinder, denen es auch gut ginge. Die Adresse hatte er ja schon und wo die Busse abfuhren, wusste er auch, trotzdem beschrieb sie ihm noch einmal genau den Weg zum Busbahnhof und schärfte ihm ein, welchen Bus er wann nehmen sollte. Sie würde ihn dann am Ziel abholen. Im Hotel entstanden ihm überraschenderweise keine Kosten, als er seinen Aufenthalt unterbrach und noch nicht einmal zusichern konnte, wann er wieder kommen würde.

Wie versprochen, erwartete ihn Angela am Busbahnhof und sie fuhren in dem Taxi eines Bekannten, eine wahre Rostlaube, die ab und zu fürchterlich stotterte, die restlichen Kilometer bis zu ihrem Elternhaus. Ihrer Mutter würde es so gut gehen, erzählte sie unterwegs, dass sie sich fragen würde, warum sie überhaupt hergekommen sei, aber vielleicht hatte allein ihre Anwesenheit eine heilende Wirkung ausgeübt, in Afrika sei alles möglich. Er lächelte bei dem Gedanken, dass ihr kleiner Kopf voll mit geheimem Wissen sei. Dann erzählte sie weiter, dass sie ihren Eltern erzählt habe, dass ein Bekannter von ihr, ein berühmter Fotograf, mitgereist sei und in der Hauptstadt Fotos machen würde. Sie wollten den „“boy friend“ ihrer Tochter unbedingt kennenlernen und konnten gar nicht verstehen, dass sie ihn allein gelassen habe. Beide hätten sie richtig bedrängten, ihn nachkommen zu lassen und ihn der Familie vorzustellen, als ob sie drauf und dran wäre, ihn zu heiraten. Sie habe sich zunächst gesträubt, ihr Bekannter sei schließlich beruflich hier, aber gegen den massiven Wunsch ihrer Eltern kam sie schließlich nicht mehr an und habe ihn schließlich angerufen. Während sie sich eng an ihn schmiegte, fuhr sie fort, sie habe auch angerufen, weil sie mit ihm zusammen sein wolle und sie sei sehr froh, dass er sich gleich auf den Weg gemacht habe. Die Familie erwies sich als sehr zahlreich und als recht liebenswürdig. Die Kommunikation war allerdings eingeschränkt, da neben Angela als leuchtender Ausnahme, nur ihr jüngerer Bruder ein paar Brocken Englisch beherrschte. Auch Angelas Kinder waren von dem Freund ihrer Mutter sehr angetan, besonders nachdem er beiden einen Geldschein zugesteckt hatte. Ihm wurde von allen hofiert und es war klar, dass die ganze Familie in ihm den künftigen Ehemann ihrer geliebten Angela sah. Ein Bild von einem Mann, der nicht nur groß und weiß und im richtigen, gesetzten Alter war, sondern zweifellos auch über unendliche Geldmittel verfügen musste, wenn er eine solche Reise nach Afrika unternehmen konnte und seiner künftigen Frau auch noch den Flug bezahlt hatte. Ein Mann, wie geschaffen, um ihre Tochter endlich glücklich zu machen und ihr ein angenehmes Leben zu garantieren, nachdem der erste Versuch leider gescheitert war. Es war völlig selbstverständlich, dass die Eltern das beste Zimmer im Haus, ihr eigenes Schlafzimmer, räumten und ihn geradezu zwangen, die Nacht in ihrem Haus zu verbringen. Ein Hotel käme nicht infrage, außerdem sei das Einzige, das es hier gäbe, von sehr schlechter Qualität. Sie selbst könnten bei einer Schwester von Angela die Nacht verbringen. Er hatte es übrigens nicht geschafft, herauszufinden, die einzelnen Geschwister auseinanderzuhalten, geschweige denn, sich ihre Namen zu merken. Auch beim ausgedehnten Abendessen hatten die Eltern nicht gespart. Es gab heimische Küche in allerlei Varianten. Ihm schmeckte zwar nicht alles, aber doch genug, um mehr als satt zu werden. Er bot Angela an, einen Beitrag an den Unkosten zu leisten, doch sie lehnte mit dem Hinweis auf die hier übliche Gastfreundschaft ab und außerdem habe ihre Familie ja gewollt, dass er kam, sonst hätten sie ihn auch in der Stadt lassen können. Die Nacht verbrachten beide im Schlafzimmer der Eltern. Für ihn war es eine etwas beklemmende Situation in Betten zu liegen, die von anderen benutzt wurden. In einem Hotel war es anders, aber hier, in einem Privathaus, fand er es seltsam, auch weil der sich sicher war, dass die Bettwäsche nicht frisch war, es müffelte ziemlich. Auch Angela war zunächst nicht ganz bei der Sache, auch ihr schien es ein wenig peinlich zu sein, mit ihrem Liebhaber im Bett ihrer Eltern zu liegen. Aber, gestand sie ihm, sie habe ja gewollt, dass er hier her komme und ihn von Anfang an als ihren festen Freund ausgegeben, mit dem sie verlobt sei und den sie schon bald heiraten würde. Ihre Eltern seien sehr konservativ und hätten eine Beziehung ohne Verlobung nicht geduldet, schon gar nicht in ihrem Haus. Um diese Sache zu klären und vorzubereiten, habe sie erst einmal allein kommen müssen, nicht nur wegen des Zustands ihrer Mutter. Aber nun sei ja alles gut, aber er dürfe auf keinen Fall sagen, welchem Beruf sie nachginge. Wenn ihre Eltern das erführen, würden sie sie steinigen. Er lachte laut auf, aber sie sagte, dass sie das ganz ernst meine, vielleicht nicht steinigen, aber auf jeden Fall ächten und verstoßen. Sie habe ihnen gesagt, dass sie in Restaurants und Hotels arbeiten würde, was sie ja auch ursprünglich vorgehabt habe, aber er wisse ja selbst, was man mit diesen Jobs verdienen würde. Das Spiel als Verlobter müsse er ja nur für die kurze Zeit ihrer Anwesenheit mitmachen, es gelte ja nur hier und nicht im richtigen Leben. Er versprach ihr, alles zu vermeiden, was das Bild eines glücklichen, künftigen Paares trüben könnte, aber sie könne nicht erwarten, dass er sie jetzt lieben würde, so wie man eine Ehefrau liebt. Das würde sie auch gar nicht wollen, an ihrem Verhältnis habe sich nichts geändert, nur hier in Afrika sei es ein wenig anders geworden. Als dieses Problem gelöst war, widmete sie sich ihm mit derselben Entschlossenheit, wie in der ersten gemeinsamen Nacht im Hotel und so wurde die Nacht wieder zu einem vollen Erfolg für beide. Diesmal lag sie nach den vorbereitenden Übungen, die sie voller Hingabe praktizierte, unter ihm, hatte ihm das Gesicht zugekehrt, die Beine geschlossen und er drang in sie sein, während er den Widerstand durch den Druck seiner Oberschenkel auf ihre verstärkte. Während er sich abmühte, half sie nach besten Kräften, wand ihren schlanken Körper im gleichen Rhythmus, tastete mit ihren Händen seinen Körper ab, drang an alle Stellen vor, zu denen sie gelangen konnte, küsste ihn sogar während des Aktes voller Leidenschaft auf den Mund, stöhnte laut und hätte fast noch geschrien, wenn er ihr nicht den Mund zugehalten hätte. Im Haus waren ja noch einige Familienmitglieder und die mussten ja nicht alle Einzelheiten ihres exzessiven Treibens mitbekommen. Durch diese gemeinsamen Anstrengungen gelangte er sogar zum Finale, während er noch in ihr war, ein Ereignis, das in seinem Liebesleben nicht mehr sehr oft stattfand. Als sie danach ruhig nebeneinanderlagen und sich von dem intensiven Ritt über die Savanne erholten, fragte er sie, wie lange sie denn hier bleiben wolle. Nur noch zwei Tage, war ihre Antwort, dann hätten sie immer noch zwei weitere Tage in der Hauptstadt. Sie wäre zwar noch gerne etwas länger bei den Kindern geblieben, aber da sie sich versichern konnte, dass es ihnen gut gehe und dass auch in der Schule alles gut lief und weil auch ihre Mutter gar nicht richtig krank sei, jedenfalls nicht lebensbedrohend, könne sie früher weg, als eigentlich geplant. Sie würde, sagte sie selbstbewusst in Anspielung auf die negativen Erfahrungen, von denen er ihr erzählt hatte, dafür sorgen, dass diese zwei Tage unvergesslich blieben und er tausend hervorragende Bilder machen könne.
Der folgende Tag war für ihn auch als Fotograf ein voller Erfolg. Die ganze Familie, einige Freunde, die halbe Nachbarschaft, alle drängten sich und wollten von dem „famous fotografer“ aufgenommen werden, nachdem Angela mit flammenden Worten auf sein Talent und die einmalige Gelegenheit „Starfotos“ zu erhalten, hingewiesen hatte. Bereitwillig ließen sie ihn in ihre Wohnungen, bereitwillig zogen sie ihre besten Kleider an, bereitwillig posierten sie nach seinen Wünschen und machten einfach alles, was er sie hieß. Während Angela sich um ihre Kinder kümmerte, sie durften an diesem Tag die Schule schwänzen, war er bis in den Abend hinein vollauf beschäftigt. Als er die Bilder auf sein Notebook übertrug und auf dem Monitor prüfte, war er mit dem Ergebnis äußerst zufrieden. Er hatte viele interessante Personen aufgenommen, viele ausdrucksstarke Gesichter eingefangen, Szenen voller Intimität und Aussagekraft festgehalten. Beflügelt durch diesen Erfolg und das erneut reichliche Abendessen, war die zweite Nacht viel entspannter, denn aus dem Galopp über die Savanne, war ein leichter Trab geworden, der beide nicht erschöpfte, sie aber dennoch zufriedenstellte. Eng aneinandergeschmiegt schliefen sie schon bald ein, ein junges, frisch verliebtes Paar, das nicht genug voneinander bekommen kann. Für den letzten Tag ihres Aufenthalts hatte er sich vorgenommen, die Gegend zu erkundigen. Dabei sollte ihm der jüngste Bruder Angelas helfen, ein lustiger, draufgängerischer Typ, mit dem er sich auf Anhieb gut verstand. Er hatte seinen Freund den Taxifahrer, der sie vom Busbahnhof abgeholt hatte, überredet, ihnen für einen geringen Preis den ganzen Tag zur Verfügung zu stehen. Es gäbe viele schöne Dinge zu sehen und er wisse ja nun, was sein „Bruder“ aufnehmen wolle, er war übergangslos vom friend zum brother aufgestiegen. Er sei ein sehr guter Führer, weil es sein Traum sei, eines Tages Fremdenführer zu werden oder Animateur in einem Club und er schon viel geübt habe, aber auch noch viel lernen müsse. Bevor sie losfuhren, schärfte Angela allen Dreien ein, rechtzeitig am späten Nachmittag zurückzukommen, weil ihre Eltern ein kleines Fest geplant hätten. Was für ein Fest, wollte er wissen, aber sie gab sich zurückhaltend, er werde es schon sehen. Auf sein Drängen sagte sie nur, ein Abschiedsfest, was denn sonst. Auch dieser Tag war aus fotografischer Sicht höchst erfolgreich. Der Bruder hatte nicht zu viel versprochen. Er führte ihn zu einsamen Orten, zeigte ihm den örtlichen Markt, fuhr an der Schule vorbei, machte ihn mit einigen originellen Menschen bekannt. Er sah eindrucksvolle und stimmungsvolle Szenen und hatte genügend Zeit, die Kamera einzustellen und das Beste aus den Begegnungen zu machen. Leider etwas spät, die Sonne stand schon sehr schräg, fragte er den Bruder, ob er auch einige Mädchen kenne, die sich gerne fotografieren ließen. Der Bruder druckste erst etwas herum, es schien ihm fast peinlich zu sein, aber dann fuhren sie zu einem abgelegenen Haus, wie sich rasch herausstellte, das örtliche Bordell. Es war noch hell und kaum Betrieb, aber der Bruder und der Taxifahrer wurden mit Hallo begrüßt. Doch als er bat, Bilder machen zu dürfen, wollte keine sich vor die Kamera stellen, alle lehnten entschieden, ja geradezu empört ab und so musst er unverrichteter Dinge wieder von dannen gehen. Einen Besuch auf einem der Zimmer lehnte er seinerseits entschieden ab. Die beiden Männer lachten, als sie nach Haus fuhren und der Bruder erklärte, dass diese Hühner ganz schön blöd seien und er hätte mit ein paar Scheinen winken müssen, dann wären sie sicher bereit gewesen. Aber dazu war es an diesem Tag zu spät und als er, später als geplant, die Gelegenheit hatte, seine Tagesausbeute zu begutachten, war er mit den Ergebnissen auch ohne Bilder von den „Hühnern“ wieder sehr zufrieden. Allein schon aus diesem Grund hatte sich die Reise gelohnt.

Er kam nicht gleich dazu, die Bilder auf seinen Laptop zu übertragen, weil die Eltern seiner „Freundin“ keinen Aufwand gescheut hatten, ein rauschendes Fest vorzubereiten. Die ganze Familie war zugegen, die wichtigsten Freunde waren gekommen, und wie ihm schien, die halbe Nachbarschaft dazu. Es gab große Platten mit reichlich Gemüse und Fleisch, dazu Brot und Reis und bestes Bier aus Dosen. Eine Band aus drei verwegen aussehenden Typen spielte die neuesten Schlager, darunter einige Melodien, die er kannte, die aber seltsam verfremdet waren. Er und Angela waren unbestritten der Mittelpunkt der Feier. Sie mussten an der Spitze der Tafel sitzen, die im Hof aus diversen Böcken und Platten aufgebaut worden war. Er hatte gut gegessen, einige Bier getrunken, ein paar Mal mit Angela getanzt und fühlte sich ganz wohlig, als sie unvermittelt ankündigte, dass nun der Höhepunkt des Abends bevorstehe. Doch auf das, was sich nun ereignete, war er in keiner Weise vorbereitet. Sie erklärte ihm noch, dass ihnen beiden zur Ehre, weil sie gekommen waren und damit sie wieder gesund und sicher zurückkehren könnten, eine junge Ziege geschlachtet würde. Dann ging das Spektakel auch schon los. Unter dem Gejohle und dem Beifall der Anwesenden betrat ein alter Mann den Hof. Er war in einen blauen Kaftan gekleidet und trug einen komischen spitzen Hut. Sein Gehilfe, ein dürrer junger Mann in Shorts und T-Shirt, zog an einem Strick eine junge Ziege hinter sich her, die vielleicht ahnte, was ihr bevorstand, jedenfalls sträubte sie sich und jammerte herzerweichend. Während der Gehilfe einen Stock in den Boden rammte und den Strick befestigte, machte der Alte allerhand Firlefanz. Er breitete Palmwedel in einen Tonkrug, den jemand bereitgestellt hatte und verspritzte Wasser auf die Anwesenden. Die Ziege hörte nicht auf, kläglich zu meckern. Unbeeindruckt hatte der Metzger oder war es ein Priester, seine beschwörenden Rituale fortgeführt und zwischendurch immer wieder kurze Reden gehalten, die von den Anwesenden mit Beifall aufgenommen wurden. Seine gezischte Bitte, Angela möge gefälligst übersetzen, ignorierte die jedoch. Dann reichte der Gehilfe dem Meister eine Machete und ohne zu zögern, ohne eine Regung des Mitleids schlug dieser dem Tier den Kopf mit einem einzigen, kraftvollen Hieb ab. Sofort stürzte sich der Gehilfe mit einer Waschschüssel auf den entseelten Körper und fing das Blut auf. Unter dem Beifall der sichtlich erregten und gespannten Anwesenden, nahm der Priester, es war klar, dass es nicht nur ein einfacher Schlachter war, die Schüssel und schritt langsam auf das Ehrenpaar zu und richtete seine Worte nun unmissverständlich nur an die beiden. Natürlich verstand er wieder kein Wort und Angela, die er mehrfach anstieß und sie bedrängte, dass sie endlich etwas sagen, endlich den Quatsch übersetzen möge, schaute ihn nur verschämt an, sagte aber kein Wort. Als er nicht locker lies und drohte, augenblicklich zu gehen, wenn sie keine Erklärung abgäbe, flüsterte sie, es sei alles harmlos, alles sei kein Problem, es sei eine Abschiedsfeier und er solle sie einfach über sich ergehen lassen, sie sei ohnehin gleich zu Ende. Abschiedsfeiern seien in ihrem Land nun einmal aufwändiger und auf jeden Fall ganz anders, als in seinem. Doch als der Priester, der nun vor ihnen stand und seine Rede beendet hatte, einen Finger in das Blut tauchte und zwei ineinander verschlungene Kreise auf Angelas Stirn malte und sich dann anschickte, dasselbe auf Zeichen auch auf seiner anzubringen, hätte er seine Drohung am liebsten doch wahr gemacht und wäre gegangen, wenn ihn nicht Angela festgehalten hätte und ihn eindringlich bat zu bleiben und noch einmal versicherte, es sei jetzt gleich überstanden und alles sei harmlos. Und das war auch so, zumindest war die seltsame Zeremonie zu Ende. Der Priester sagte kein Wort mehr, besprühte nur noch einmal zum Abschluss die Leute mit seinem Palmwedel, dann ging er, gefolgt von seinem Gehilfen, der den Stock mit dem daran gebundenen Strick und dem Ziegenkopf mitnahm. Die Gäste klatschten, die Band begann wieder zu spielen und Angela zog ihn auf die Tanzfläche, die eben noch eine Richtstätte gewesen war. Der Körper der Ziege war nicht mehr da, er sei schon in der Küche, meinte Angela, die auf einmal wieder ganz entspannt und freundlich war. Zum Zeichen, dass er sich richtig verhalten habe, gab sie ihm vor allen Leuten einen langen Kuss auf seinen Mund und strahlte ihn an. Alle sahen es und alle klatschten Beifall. Dann spielten die Musiker eine Art Tusch und stimmten ein Lied an, das sehr bekannt sein musste, dann die Gäste stimmten ein und sangen laut mit, am lautesten sang Angela. Alle waren selig, alle tranken eifrig Bier aus Dosen und das unterbrochene Essen wurde fortgesetzt und irgend wann sagte ihm Angela, das Fleisch hier sei die Ziege und er solle es sich schmecken lassen, sie sei sehr köstlich, was auch stimmte, aber schmecken wollte es ihm doch nicht mehr so recht. Denn eine andere Sache war ihm auch noch sehr seltsam vorgekommen. Kaum dass sie den Tanz, der diesem Ritual gefolgt war, beendet hatten, kamen der Vater und die Mutter Angelas, dann ihre Geschwister und schließlich fast alle Anwesenden zu ihnen, gaben ihnen die Hand, umarmten sie, redeten, wieder für ihn unverständlich, auf sie ein. Angela weinte und als er wieder ein ungutes Gefühl bekam und nun endlich wissen wollte, was hier los sei, was hier gespielt würde, was man mit ihnen beiden gemacht habe, wiederholte sie nur, das sei eben ein Abschied auf afrikanisch und er solle nicht weiter nachdenken. Spät in der Nacht, als fast alles aufgegessen und das Bier zur Neige gegangen war und auch die letzten Gäste den Hof verlassen hatten, bedrängte er Angela noch einmal, ihm die ganze Zeremonie zu erklären, vor allem die Sache mit den Blutkringeln auf der Stirn, die immer noch da waren. Aber sie gab auf einmal vor, schrecklich müde zu sein, obwohl sie eben noch ganz munter war, rannte geradezu in das Schlafzimmer und als er ihr, etwas verunsichert folgte, nachdem er noch gepinkelt und sich das Blut abgewaschen hatten, lag sie schon im Bett, von seinem Platz weggedreht und schien bereits fest zu schlafen, denn sie regierte weder auf seine Worte noch auf sein leichtes Schütteln an ihrer Schulter. Er war etwas sauer, hätte zumindest einen Kuss oder ein paar Zärtlichkeiten erwartet, wenn auch keinen erneuten Sex, aber da er nun selbst merkte, wie schläfrig ihn das reichlich genossene Bier und das üppige Essen gemacht hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als auch zu schlafen. Eine Weile noch grübelte, mit welchem Aufwand man hier schon nach einem kurzen Besuch verabschiedet wurde, dann war auch er im Nirwana angekommen.
Es schien, dass an diesem denkwürdigen Abend alle Gefühle verbraucht worden waren, denn als am nächsten Morgen das Taxi kam, natürlich wieder das des Freundes ihres Bruders, um sie zum Busbahnhof zu bringen, waren nur noch der Vater und die Mutter da und die Schwester, die für die Kinder sorgte. Die Kinder selbst waren in der Schule. Er drängte Angela, ihren Eltern für den ganzen Aufwand ein paar Scheine zu geben, die sie dann auch bereitwillig annahmen. Eine kurze Umarmung, ein Händedruck war alles und er hatte den Eindruck, dass auch Angela ganz froh war, die Familie wieder verlassen zu können. Die restlichen beiden Tage in der Hauptstadt waren ruhig. Da sein Bedarf an Bildern gedeckt war, unternahm er keine großen Touren mehr. Sie fuhren einmal ans Meer, ansonsten hielte sie sich im Park und am Pool auf, aßen in verschiedenen Restaurants ganz gut und nachts liebten sich, wenn auch nicht mehr so intensiv und so ausdauernd wie in der ersten Nacht. Es schien, als seien sie nun schon sehr vertraut und die Liebe erfolgte mit der etwas geringeren emotionalen Hingabe eines älteren Ehepaars. Fast hätte er sogar vergessen, dass ihm Angela versprochen hatte, sich in Afrika fotografieren zu lassen. Aber es fiel ihm gerade noch rechtzeitig ein und so machte er eine ganze Reihe wirklich schöner Aufnahmen von ihr, in dem Park, am Pool, am Meer, in den Straßen, nur als er sie in ihrem Zimmer fotografieren wollte, im Bett und am liebsten nackt, lehnte sie ab. Das wolle sie nicht, für einen solchen Scheiß sie sie sich zu schade, er solle in den Puff in ihrer Heimatstadt gehen, dort könne er nackte Weiber sehen. Ihr Bruder hatte ihr vermutlich von dem Ausflug in das Etablissement erzählt. Erst wollte er protestieren, sie habe ihm doch versprochen, aber dann schwieg er, er hatte ja nun reichlich gute Bilder und er wusste, dass sie sehr strickt und konsequent sein konnte, wenn es darauf ankam.

Dann waren sie wieder daheim, in seiner Heimat, in der für ihn vertrauten Umgebung, zugleich in der Welt, in der sein „girl friend“ für ihren Lebensunterhalt und den ihrer Kinder sorgte. Aber sie war nicht mehr seine Freundin. Das merkte er, als er sie das erste Mal wieder aufsuchte. Sie war nett und freundlich wie immer, aber alle Vertrautheit und Leidenschaft, die sie im Hotel Etoile und im Schlafzimmer ihrer Eltern an den Tag gelegt hatte, waren verschwunden. Er war wieder Kunde, sie die Prostituierte, die er aufsuchte, um eine Dienstleistung zu erhalten. Als er sie zur Begrüßung auf den Mund küssen wollte, wandte sie sich ab und machte im klar, wie die Dinge jetzt wieder standen. Er war ziemlich enttäuscht, denn er hatte sich mehr Entgegenkommen versprochen, schließlich hatte sie nur wegen seines Geldes zu ihrer kranken Mutter reisen können, schließlich hatte er ihr den halben Flug, das Hotel, den Bus, das Taxi, das Essen, fast alles, was angefallen war, bezahlt. Aber für sie schien das eine andere Welt gewesen zu sein, eine ferne Vergangenheit, kein Grund für irgendwelche Verpflichtungen. Sie erledigte ihren Job wie immer, also zufriedenstellend, jedoch nicht mehr. Sie liebten sich, wenn man dieses Wort überhaupt noch verwenden darf, ohne einen Hauch der besonderen Erregtheit, die beide unter der südlichen Sonne, besser gesagt unter dem äquatorialen Mond, verbunden hatte. Dieses wunderbare Gefühl war nicht mehr vorhanden. Sie wollte auch in keiner Weise an die Reise erinnert werden, geschweige denn etwas über diese seltsame Abschiedsfeier sagen, die ihm immer wieder durch den Kopf ging. Ihr ständiger Spruch war, so sind Abschiede nun einmal in Afrika. Auch deswegen war er irritiert, sie fand es normal.

Normal waren aber in den folgenden Wochen ein paar Dinge ganz und gar nicht. Wie vor der Reise ging er einmal in der Woche zu Anita, so nannte er sie wieder, nachdem ihre Vertrautheit auf so seltsame Weise verflogen war, entweder am Donnerstag oder am Freitag kurz vor Mitternacht. Wenn es also an der Zeit war, sie aufzusuchen, spätestens am Donnerstag gegen Mittag, überfiel ihn eine seltsame Unruhe. Es war, wie wenn er literweise Kaffee getrunken hätte oder wie vor einer wichtigen Prüfung, die sein ganzes Denken beherrschte. Ein unangenehmes, beklemmendes Gefühl nistete sich ein und das hatte rein gar nichts mit sexuellem Verlangen zu tun. Die Unruhe wurde um so drängender, je mehr er den Besuch hinauszögerte. Einmal hatte er eine ganze Woche übersprungen und wäre fast verrückt geworden, so sehr war er in diesem Gefühl gefangen. Er konnte nur noch an diese Frau denken, sie beherrschte ihn in diesen Phasen fast vollständig. Es war wie bei einem Süchtigen, der unbedingt seine Ration brauchte, um wieder klar zu denken oder, schlimmer noch, um zur Vernunft zu kommen. Die Vorstellung, das seltsame Verhältnis einfach zu beenden oder eine andere Frau aufzusuchen, bereitete ihm Pein, allein der Gedanke war abstrus. Wenn er dann bei ihr war, verschwand diese seltsame Unruhe sofort wieder, noch bevor sie miteinander geschlafen hatten. Es war, als würde eine brennende Sucht schlagartig befriedigt, als erhielte ein Verdurstender eine ganze Karaffe frisches Wasser hingestellt und ihn allein dieser Anblick schon wieder aufleben ließ. Seltsam war, dass dieses Verlangen und seine Befriedigung kaum etwas mit sexuellem Abreagieren zu tun hatte. Er war nicht scharf auf sie, manchmal hatte er gar kein Lustgefühl, es war nur ihre Nähe, die er unbedingt brauchte. Einmal kamen sie gar nicht dazu, sich zu lieben, weil er vergessen hatte, genügend Geld einzustecken und Anita absolut nicht dazu zu bewegen war, ihm Kredit einzuräumen. Wer sagt mir, so ihr Argument, dass du überhaupt noch einmal wieder kommst. Er war wütend und ging und nahm sich vor, nicht mehr zu kommen. Aber Mitte der Woche ging es dann wie üblich mit diesem Scheißgefühl wieder los und er musste zu ihr, ob er wollte oder nicht. Mit der Zeit stellten sich richtige Angstattacken ein, die erst dann beendet waren, wenn er die Treppe zu ihrem Zimmer mit ihr hochstieg. Selbst das wäre nicht einmal nötig gewesen, es hätte vielleicht gereicht, sich einfach ihrem Fenster zu näheren, denn einmal war sie sehr lange beschäftigt und er wartete mindestens eine halbe Stunde vergebens. Aus lauter Angst wagte er es nicht, einfach wieder zu gehen, obwohl seine Vernunft ihn einen Idioten nannte. Als er dann doch ging, war es so, als sei er bei ihr gewesen. Er hatte nur ein schlechtes Gewissen, so als ob er seine Freundin, die sie ja gar nicht mehr war, betrogen hätte.

Er litt unter diesen unerklärlichen Vorkommnissen, aber das war noch nicht alles, was sich verändert hatte. Eine andere Sache gab ihm fast noch mehr zu denken. Als er nach seinem mysteriösen Afrikatrip zum ersten Mal wieder eine mehrtägige Fotoreise unternahm, voller Zweifel, wie er die Zeit ohne diese „verdammte Hexe“, so nannte er inzwischen Anita für sich, überstehen könne, beschloss er eine andere Frau aufzusuchen. Er erkundigte sich nach dem Rotlichtmilieu und geriet auch an eine ganz nette, sympathische Asiatin mittleren Alters. Zu seinem eigenen Schrecken und zur Ratlosigkeit seiner Gefährten war es ihm unmöglich, auch nur die kleinste Regung, geschweige denn Erregung zu zeigen. So sehr sie sich auch abmühte, so sehr auch er sie wollte, es geschah nichts, sein Schwanz blieb schlaff, seine Wollust war nicht vorhanden und konnte deswegen auch gar nicht aufkeimen. Nach längerem, vergeblichem Bemühen, blieb ihm nichts anderes übrig, als völlig frustriert, entnervt und unbefriedigt, wieder zu gehen. Dieses Unvermögen wiederholte sich, als er am letzten Tag seiner Reise, eine andere Frau aufsuchte, wieder musste er unerledigt von dannen ziehen. Es war ein regelrechter Fluch, der seit dieser ominösen Abschiedsfeier auf ihm lastete und er dachte schon daran, einen Psychiater aufzusuchen, fürchtete aber, sich mit seiner Geschichte lächerlich zu machen. Wer glaubt in unserer aufgeklärten Zeit schon an einen Fluch oder an die langandauernde Wirkung eines Abschiedszaubers. Dafür beschloss er, mit Anita zu reden, selbst wenn sie nicht wollte oder sich dumm stellte. Er tat es und sie reagierte genauso, wie er es befürchtet hatte, aber er ließ nicht locker und schließlich gestand sie ein paar erstaunliche Dinge. Sie bestätigte, was er schon vermutet hatte, dass es keine Abschiedsfeier war, sondern eine Art von Vermählung. Aber, so erklärte sie vehement, keine richtige Heirat, nur das Herstellen einer Abhängigkeit. Der Priester, es war also doch nicht nur ein Schlachter, habe auf ihre Bitte nur dafür gesorgt, dass sie auch in Zukunft genügend Geld für die Ausbildung ihrer Kinder verdienen und sich selbst den Lebensunterhalt sichern könne. Wenn er ihr das Geld, was ihr noch fehle, auf einmal geben würde, könne dieser Bann wieder gelöst werden. Er sei dann frei und sie auch. Sie habe ihm ja gesagt, dass sie nicht länger hier bleiben wolle, wenn die Ausbildung der Kinder gesichert sei. Wenn er also bereit wäre, ihr Geld zu geben, sie nannte eine recht beträchtliche Summe, würde sie dafür sorgen, dass auch er erlöst sei. Er hatte ihr ungläubig zugehört, von Verarschung und Erpressung geredet und sie gefragt, wer ihm denn garantieren könne, dass dem so sei. Sie sei dann weg und er müsste immer noch leiden. Darauf meinte sie nur kühl und schlich, er müsse ihr eben vertrauen und er solle in Ruhe über ihr Angebot nachdenken, über den Preis könne sie aber nicht verhandeln, das sei schon das Mindeste, was sie für ihre Kinder brauche. Da er nun einen Teil der Wahrheit kannte, wollte er noch mehr wissen und bedrängte sie mit zahlreichen Fragen. Sie war erst unwillig, aber dann gab sie nach.

Als er ihr von seinem Wunsch erzählt hatte, eines Tages eine kurze Fotoreise nach Afrika zu unternehmen, war ihr zum ersten Mal der Gedanke gekommen, seinen Wunsch für eine solche Reise zu ihrem eigenen Vorteil auszunützen. Ihre Mutter war keineswegs sterbenskrank gewesen, ein bisschen krank war sie immer, er habe ja selbst gemerkt, dass es nicht so schlimm um sie stand. Aber sie brauchte einen Grund, um die Reise rasch zu machen und er nicht viel Zeit hatte, alles abzuwägen und am Ende doch nicht mitzukommen. Die Reise sei ja auch ganz erfolgreich gewesen, für beide. Sie habe ihre Familie besuchen können, sich wieder einmal sehen lassen können, sich überzeugen können, dass es ihnen allen gut. Es sei wichtig für sie, solche Kontakte zu pflegen, sonst würde eine Kluft entstehen und die Kinder wüssten nicht mehr, wer ihre wahre Mutter ist. Und für ihn sei es ja auch sehr gut gewesen. Sie hätten doch sehr, sehr guten Sex gehabt, sie habe doch ihr Bestes gegeben und Dinge gemacht, die sie hier mit ihren Kunden nie machen würde. Und er habe ihr doch selbst gesagt, wie zufrieden er war, auch mit den vielen Bildern, die er gemacht habe.
Er hörte sich ihre Worte an, war aber noch nicht zufrieden, er wollte eine Erklärung für seine seltsamen Zustände, für diese Abhängigkeit von ihr und sein Unvermögen bei anderen Frauen. Gut, meinte sie schließlich, es ist ein Sex-Bann und ich erkläre es dir und befreie dich natürlich, wenn du mir das Geld gibst, das ich brauche. Er überlegte eine Weile, die Probleme, mit denen er zu kämpfen hatte, waren real und nahmen sogar noch deutlich zu. Er war verhext worden, da gab es wohl keinen Zweifel, obwohl das lächerlich war, gerade für ihn, einen aufgeklärten, nüchternen Mann mit Lebenserfahrung, der an all diesen Hokuspokus nicht glaubte, weder an Astrologie, noch an die Heilkraft der Edelsteine, auch Flüche und Banne war etwas, was in Märchen stattfand. Aber die Sache nervte ihn, es musste etwas getan werden und so war er schließlich bereit, den Preis für sein Liebesabenteuer zu bezahlen, den hohen Preis. Aber, so dachte er weiter, habe ich ja einiges gelernt und in Afrika war es ja in der Tat phantastisch gewesen, die Nächte mit Angela unglaublich und die Fotos, die er machen konnte, einmalig. Warum sollte er sich im Übrigen sträuben, ein Opfer der globalen Umverteilung zu werden, einer Umverteilung, die sich inzwischen angebahnt hatte und der keiner mehr entgehen würde. Er sei bereit zu zahlten, sagte er schließlich. Anita wollte alles in bar und sagte auch, dass sie dann sofort abreisen würde, zurück in ihre Heimat, weg aus seinem Leben und er bestimmt keine Probleme mehr haben würde.

Beim nächsten Besuch brachte er das Geld mit und Anita erzählte ihm nun auch den Rest der Geschichte. Das Abschiedsessen zu bestellen war kein Problem, der Metzger und Voodoo-Priester war der örtliche Mann für alles, Arzt, Priester, Apotheker, Standesbeamter, Bestatter, je nachdem, was gerade gebraucht wurde. Er inszenierte eine Art Hochzeit, besser gesagt eine Verlobung. In diesem Glauben waren auch ihre Eltern und die Anwesenden geblieben, deswegen ihre große Freude und ihre Glückwünsche. Ohne diesen Trick hätte sie im Übrigen nie erreicht, dass sie beide im Schlafzimmer ihrer Eltern übernachten durften. Es wäre für ihre Eltern eine Sünde gewesen, wenn ihre Tochter mit einem fremden Mann dort geschlafen hätte, aber als Verlobte war es natürlich kein Problem. Im Gegenteil, die Eltern waren überzeugt, dass dieser Ort eine magische Wirkung auf das junge Paar habe, denn sie selbst hatten fast ein Dutzend Kinder dort gezeugt, die aber nicht alle überlebt hatten. Dieser magische Zauber würde zweifellos auf ihre Tochter übergehen, auch wenn sie, zum Leidwesen ihrer Eltern keine Jungfrau mehr war, aber sie waren etwas beruhigt, als sie ihnen versichert hatte, dass ihr Verlobter sie entjungfert hatte und dass er der einzige Mann war, mit dem sie schon ein paar Mal geschlafen habe, die Sitten im Ausland seien eben ein bisschen anders als in der Heimat. Dass ihr Verlobter wesentlich älter war, als sie selbst, habe wiederum keine Rolle gespielt, das war für afrikanische Verhältnisse normal. Viel wichtiger war, dass er steinreich war und das habe er ja deutlich gezeigt, als er ihre Reise bezahlt und den Eltern Geld für das Festmahl gegeben habe. Er war in den Augen ihrer Eltern der ideale Ehemann. Der Voodoo-Priester habe für seine Dienste natürlich einen guten Lohn bekommen, nicht nur den Ziegenkopf und er habe ihr auch das Wort genannt, mit dem sie den Bann wieder lösen könne. Da brauche er sich wirklich keine Gedanken machen, das funktioniere, das habe sie schon einmal ausprobiert, bei ihrem geschiedenen Mann, der in eine ähnliche Situation geraten war, als er für seine Kinder nichts bezahlen wollte. Er habe auch einen Sex-Bann erhalten, und als er bezahlt habe, sei er wieder erlöst worden, das funktioniere hervorragend.

Nachdem sie die Geschichte zu Ende erzählt hatte, meinte Sie, dass sie jetzt den Bann lösen würde, aber dazu müssten sie sich ausziehen. Als sie nackt nebeneinanderstanden, murmelte sie eine Menge unverständlicher Worte, fuhr mit ihren Händen beschwörend auf seinem Körper herum und er merkte richtig, wie sich ein Kloß in ihm löste, wie eine große Erleichterung sich wieder breitmachte. Zum Schluss ihrer Beschwörung, ging Anita an das Waschbecken, nahm einen großen Schluck Wasser und sprühte das Wasser über seinen ganzen Körper. Dann sagte sie nur, komm und sie legten sich auf das Bett und es war fast wieder, wie im Hotel Etoile. Angela gab ihr bestes, er erlebte noch einmal die ganze Palette an Tricks und Gefühlen, die sie zu bieten hatte. Es war bis in die frühen Morgenstunden phantastisch. Sie gab ihm bereitwillige viele Küsse und unter Tränen, bat sie ihn um Verzeihung, aber sie habe das für sich und ihre Kinder so machen müssen. Er meinte, es gäbe nichts zu verzeihen, es sei nur schade, dass sie jetzt wieder weg sei, nachdem sie sich zum wiederholten Mal aneinander gewöhnt hatte. Als er ging, war die Sonne schon aufgegangen. Er hatte ein sehr befreiendes Gefühl und war sich sicher, dass der Fluch nicht mehr auf ihm lastete.

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