Renovierung

52 10-17 Minuten 0 Kommentare
Renovierung

Renovierung

Wolfgang Mertens

Und wenn sie nichts dagegen haben, sollten wir uns duzen. Ich bin Lisa-Maria, aber sie können mich einfach Liz nennen“, bietet sie an.
„Gerne“ sage ich.
„Dann komm Helge. Legen wir los“, lacht sie und bringt mich ins Bad.
Ich öffne einen Eimer und sie fügt braune Tönung hinzu, bis sich eine beige Mischung ergibt.
„Für den Flur“, erklärt sie rührend.
Eigentlich sollte ich das übernehmen, aber sie muss sich weit vorbeugen, um die Farben zu verwirbeln. Ihre rechte Brust drückt sich schwer in den Stoff und die Silhouette zeichnet eine pralle Form.
„Lass mich das machen“, sage ich und nehme ihr den Rührstock ab. So kriege ich eben noch die Kurve und kann mich von ihr ablenken. Was für einen Eindruck ich mache, ist ja auch entscheidend, wenn ich auf ihre Empfehlungen hoffe.
Rasch wird es warm in dem engen Raum und ich unterbreche meine Arbeit, ziehe mein Shirt aus. Aus den Augenwinkeln bemerke ich, wie sie das Spiel meiner Muskeln betrachtet.
Ein oder zwei Minuten später sagt sie: „Dann werde ich mal weitermalern. Sonst wird das hier nie fertig.“
Rasch ist sie verschwunden und den Rest des Tages bekommen wir uns kaum noch zu Gesicht. Am Abend treffen wir uns im Flur, den ich fertigbekommen habe. Ihre prüfenden Blicke huschen über Decke und Wände, dann schaut sie mich freundlich an.
„Toll, da ist schon ein schönes Stück Arbeit erledigt. Sauber ausgeführt, das gefällt mir. Noch eine Tasse Kaffee vielleicht?“, fragt sie abschließend und dreht sich auch schon in Richtung der einzigen Türe, die ich heute noch nicht benutzt habe.
„Ja, gerne. Früher habe ich ja kaum welchen getrunken, heute bin ich die reinste Kaffeetante ... oder besser Onkel“, antworte ich und lache leise dabei.
So geht sie vor und wir betreten einen hellen Raum, mit einem großen Fenster, das viel Licht auf die weißen Wände wirft.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 12446

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben