Rent a granddaughter

Hella fiel die Anzeige sofort auf.

„Sie benötigen Hilfe im Haushalt, 24/7 zu fairen Konditionen? Dann wenden sie sich an Rent a granddaughter. Wir vermitteln den Kontakt zu jungen Frauen, die sich wie die eigene Enkelin für ihr persönliches Wohlergehen einsetzen…“

Es folgten Telefonnummer und Mailadresse. Hella feierte im vergangenen Jahr ihren 70. Geburtstag. Sie lebte allein in einem Einfamilienhaus, das sie vor mehr als vierzig Jahren zusammen mit ihrem Mann gekauft hatte.
Dieter und Hella investierten reichlich Geld und Arbeitskraft in den Umbau des Häuschens. Sie verbrachten dort schöne gemeinsame Jahre, bis Dieter vor genau fünf Jahren an den Folgen einer langen, leider unheilbaren Krankheit verstarb. Da die Ehe kinderlos blieb, hatte Hella weder Tochter noch Sohn, die ihr im Alltag beistehen konnten. Dabei hätte Hella gerne Kinder gehabt. Sie träumte manchmal, dass es auch eine Enkelin gab, mit der sie die Wohnung teilen konnte. Die schlanke Frau wirkte jünger als ihr tatsächliches Alter.
Trotzdem fiel es Hella mitunter schwer, so ganz auf sich allein gestellt das Haus in Schuss zu halten. Sie tippte die Nummer in ihr Handy ein und zu ihrer Verwunderung meldete sich sofort eine Dame, die sich als Frau Möbius vorstellte. Hella schilderte ihren Wunsch nach einer jüngeren Frau, die bei ihr wohnen und ihr im täglichen Leben beistehen sollte. Frau Möbius nannte ihr die anfallenden Kosten, welche Hella als akzeptabel einstufte. Daraufhin versprach ihr Frau Möbius, dass sie ihr einige Vorschläge mit Kandidatinnen mailen würde, aus denen Hella dann ihre Wahl treffen könne. Eine halbe Stunde später scrollte Hella durch die Datei, in der sich das Portfolio der jungen Damen befand.
Eine dunkelblonde, mit einem freundlichen Lächeln gesegnete Bewerberin erregte ihre Aufmerksamkeit. Unter dem Namen Gitta Svensson stand ihr Alter, das mit 24 Jahren angegeben war. Gitta erinnerte Hella an ihr jüngeres Ich, was vor allem an ihren Haaren und den tiefblauen Augen lag.