Es klingelt. Das muss sie sein. Rita, mein Klaviermädchen. Behände gleite ich die breite Treppe hinunter und öffne die schwere Eichentür. Da steht sie, ausser Atem, mit rhythmisch sich hebender und senkender Brust. Ach Werther, Werther, wärst Du doch hier bei mir… Deine Lotte ist meine Rita! (Für die literarisch weniger Bewanderten unter Euch: Google anwerfen, die Suchbegriffe “Werther” und “Lotte” eingeben... und schon seid Ihr in Goethes wunderbarer Welt der kranken Liebe, die keinen Anfang und kein Ende findet, keine Ruhe, keine Erholung, kein Labsal, gar nichts.) Ich bitte Rita herein und lasse sie vor mir die Treppe hochgehen. So kann ich ihren wundervollen Hintern betrachten, der sich unter dem dünnen Rock bewegt, ein Hintern, der, wie ich vermute, bereits dem Gärtner zu Diensten gewesen ist. Rita und mein Flügel: Die herrliche Frau und das wunderbare Musikinstrument rauben mir den Atem; ich ziehe mein Taschentuch hervor und atme etwas Lavendel. „Ich habe kaum geübt diese Woche”, haucht sie, noch immer ausser Atem. Aha. Rita steht somit in meiner Schuld. „Kaum geübt.” Ich mache ihr natürlich keine Vorwürfe und höre mir beiläufig ein paar Etüden an. “Dreh Dich jetzt zu mir”, fordere ich sie auf. Die Rachmaninov-Übung. Ganz kurz kann ich Rita Höschen sehen, für den Bruchteil einer Sekunde, bis sie ihren Rock zurechtrückt. Wortlos, aber mit einem Blick, in dem ich ertrinken könnte, legt sie ihre Handflächen auf meine. Rita kennt die Übung. Langsam, ganz langsam spreize ich meine Finger. Ritas Handflächen sind sehr, sehr feucht. Wir lachen beide. Rücken näher zu einander. So nahe, wie es einem Klavierlehrer gerade noch gestattet ist. Rachmaninov, ach, was habe ich Dir zu verdanken. Ritas Sommersprossen. Ihr dichtes, dunkles, schulterlanges Haar. Ihre grünen Augen. Ihr langer, feiner Hals. Der Hals ihrer Mutter. Die Fältelungen ihres Kleides über der Brust.
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