Roggenbrot, Nudelsuppe und nackte Füsse

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Roggenbrot, Nudelsuppe und nackte Füsse

Roggenbrot, Nudelsuppe und nackte Füsse

Anita Isiris

Hinzu kamen neue Bäder, Keramikherde und TV-Anschlüsse, obwohl absolut nicht mehr zeitgemäss, in jedem Raum – sogar oberhalb der Badewanne.

Karin war eine Augenweide. Da war ihr sorgfältig mit einem grünen Haargummi zurückgestecktes Haar, ihr entzückender dunkelblonder Pferdeschwanz. Da war Karins Figur einer Elfe, umschmeichelt von ihrem Sommerkleid, das ihr bis an die Knie reichte. Karins Fusskettchen, jadegrün, das Tüpfelchen auf dem i, dass sie zur perfekten Frau machte. Sie weckte bei Jorge ungeahnten Appetit, und zwar nicht auf Roggenbrot, Nudelsuppe und Rosé. Jorge hatte einen fast schon unanständig zu nennenden Appetit auf seine Besucherin, was er sich natürlich nicht anmerken liess. Karin ging in die Küche und lehnte sich an die Fensterbrüstung. „So schön, die beiden Pferde da draussen“, schwärmte sie. Jorge hatte nur einen Blick für Karins Hintern, diese magische Wölbung, die sich unter ihrem Sommerkleid ausnahm. Der BH-Träger war fast nicht auszumachen, aber Jorge, als Frauenkenner, meinte zu wissen, dass dieser Typ Frau niemals, wirklich niemals die Wohnung eines nahezu Fremden ohne BH betreten würde, und seien ihre Brüste noch so klein. Er rührte geschickt ein paar Gewürze in die Nudelsuppe, schaltete den Dampfabzug aus und siebte einen Teil der Flüssigkeit ab. „Wir können in 10 Minuten essen“, sagte er. „Der Geschmack meiner Suppe ist wesentlich besser, wenn man sie nicht allzu heiss zu sich nimmt“.

Jorge hatte ein Schälchen mit Pistazien und einen Apérol Sprizz vorbereitet, eigentlich einen Allerwelts-Apérol. Hier, in dieser Wohnung, mit einem älteren, allerdings bildschönen und charismatischen Mann eingenommen, bekamen aber selbst der Apérol und die nachgesalzenen Pistazien für Karin einen anderen Charakter. Sie setzte sich aufs Sofa, und Jorge musste sich sehr zusammennehmen, um an seinem Gast vorbeizuschauen, an die Wand mit den drei kleinen Aquarellen.

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