Roggenbrot, Nudelsuppe und nackte Füsse

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Roggenbrot, Nudelsuppe und nackte Füsse

Roggenbrot, Nudelsuppe und nackte Füsse

Anita Isiris

„Ich habe Dir etwas zu bieten, Karin, pass auf. Ich war einmal Fussreflexzonentherapeut, und ich meine zu wissen, was Dir guttun könnte. Du scheinst sehr sensible Fusssohlen zu haben, Du magst es, wenn sie den nackten Stein berühren. Du bist eine stolze, gerade gewachsene Frau. Aber ich könnte Dich mit ein paar einfachen Handgriffen glücklich machen. So richtig glücklich“. Waren seine Worte gut gewählt? „Aber ich bin doch schon glücklich“, entgegnete Karin. „Du wirst sehen“, antwortete Jorge sibyllinisch.
Nach Cassata und Espresso betätigte Jorge den Dimmer, und sein Wohnzimmer versank in einer geradezu magisch zu nennenden Atmosphäre. „Mach es Dir bequem, Karin“, sagte er leise mit seiner sonoren Stimme, und Karins Unterleib wurde mit einem Mal schwer. Was machte der Mann mit ihr? Karin rutschte auf dem Sofa nach vorn und reichte Jorge vertrauensvoll ihr rechtes Bein. Frauen, die nach vorne rutschen. Jorge, ehemals ein engagierter Frauenarzt, erinnerte sich an die zahllosen glückseligen Momente, als die Klientinnen seiner Aufforderung, auf dem gynäkologischen Stuhl doch bitte noch etwas nach vorn zu rutschen, nachgekommen waren. Sie bewegten alle ihr nacktes Becken – ein Zeichen grossen Vertrauens, obwohl hierbei zu sagen ist, dass Jorge in seinen letzten Berufsjahren nie allein jemanden untersucht hatte – sondern stets im Beisein einer Arztgehilfin. So hatte alles seine Richtigkeit, und niemals würde ihn jemand des Missbrauchs bezichtigen können. Aber da war diese geheime Freude, dieses innere Glimmen, wenn die Frauen ihm vertrauensvoll entgegen ruckelten, auf dass er ihr Paradieschen untersuche. Obwohl es beileibe nicht immer Paradieschen waren, die der erfahrene Frauenarzt zu sehen bekam. Ausfluss. Uterusprolaps. Geschürfte Stellen. Dutzende, Hunderte von Abstrichen, denn damit verdient ein Gynäkologe sein Geld. Und doch...

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