Sanft komplimentierte Klausi seine Rosina aufs Sofa. Zu diesem Zeitpunkt ahnte er noch nichts von Michael Meiers Absichten. Dessen Herz schlug bis zum Hals, aber er beherrschte sich. «Erst einmal ein Porträt», sagte er heiser. Das sagte er immer. Gelang das Porträt einer Frau auf Anhieb, stieg deren Vertrauen ins Unermessliche, und keine hatte später etwas dagegen, mehr von ihrem Körper preiszugeben. Aber an jenem Abend war alles anders. Michael Meier hatte sich in Rosina verliebt. Er würde sein Bestes geben. Klaus holte Mineralwasser und Cashew Nuts, Rosina zwinkerte Michael Meier verschwörerisch zu, was aber einen gewissen Interpretationsspielraum offenliess.
Es ging gegen neunzehn Uhr, Michael Meier gehörte zu den Schnellmalern, etwa so wie die Typen, die man in Paris im Quartier Latin antrifft. Ein Porträt in dreißig Minuten; Michael Meier benötigte eine Stunde, bis er Rosinas Antlitz, umrahmt mit ihren Kupferlocken, auf die Leinwand gebannt hatte. Das Gemälde grenzte schon beinahe an Fotorealismus. Der Künstler hatte die junge Schönheit gebannt, in einem Moment sibyllinischen Lächelns, als wollte sie dem Betrachter signalisieren, dass es von ihr noch mehr zu sehen gab als ihre blauen Augen, ihre Stupsnase, ihre Sommersprossen, ihre leicht aufgeworfenen Lippen und ihre feine goldene Halskette mit dem grünen, tropfenförmigen Smaragd, der ihren Hals zierte.
«Wenn bloß einer käme und mich nähme», signalisierten Rosinas Augen und ihre Lippen. «Wenn bloß einer käme und mich nähme», signalisierte Rosinas Herz. «Wenn bloß einer käme und mich nähme», signalisierten Rosinas Eingeweide und ihr Geschlecht.
Rosina war geil.
Ein bewunderndes «oh» entfuhr auch Klausi, in dem sich ein Anflug von Eifersucht regte, als er sah, mit welch tiefem Blick Rosina und Michael einander fixierten. Aber das Porträt war in jeder Hinsicht geglückt und würde schon bald das gemeinsame Schlafzimmer von Klaus und Rosina zieren.
«Ich kann mehr als das», äußerte Michael Meier geheimnisvoll, und er holte tief Luft. «Ich weiß, was er meint», lachte Rosina und machte sich an den Knöpfen ihres Kleides zu schaffen. «Geht das nicht ein bisschen zu weit?», warf Klaus ein. Dann ging er in die Küche und bereitete die Nachspeise, Cassata mit Rahm und Espresso, zu. Als er ins Wohnzimmer zurückkam, traf ihn beinahe der Schlag. Seine Freundin hatte sich nicht nur ihres Kleides entledigt, sondern auch ihrer Unterwäsche.
Rosinas Rosette
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