Roter Wein auf Lava

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Roter Wein auf Lava

Roter Wein auf Lava

Bernard

“ – „Wir können die Plätze tauschen. Ich sitze sowieso lieber beim Gang.“

Wir erhoben uns und setzten uns in umgekehrter Reihenfolge wieder hin. Ich schaute sogleich aus dem Fenster. Das heißt: ich wollte. Was ich sah, war vor allem die Blaue, jetzt so nah, dass mir auch ihr betörender Duft in die Nase stieg. So dicht vor dem Paradies hatte ich mich noch nie befunden. Ein langer, nackter Arm mit leichtem Flaum lag entspannt auf der Lehne zwischen uns, und es war schließlich auch meine Lehne, aber noch traute ich mich nicht, sie zu beanspruchen. Und diese Samthaut zu berühren. Ich sah genau, dass sich die Härchen erhoben hatten. Zwei Wölbungen unter der weißen Bluse waren keine Handspanne von mir entfernt. Aus dem blauen Jupe ragten die weißen Seidenbeine jetzt mit einem rechten Winkel dazwischen heraus, man sah beinahe bis zum Scheitelpunkt, so weit herauf hatte sich der Jupe zusammengeschoben. Hätte ich meine Hand jetzt ebenfalls auf die Lehne gelegt und in einem vorgetäuschten Nickerchen auf ihre Seite fallen lassen, wäre sie direkt im Allerheiligsten gelandet.

Ich wandte mich ab, weil mir zu heiß wurde, und schaute stattdessen in ihr Gesicht. Dieses war aber nicht dazu geeignet, mein Blut abzukühlen. Ihre geschlossenen Augen waren mit traumhaft schönen Wimpern und Brauen geschmückt. Samtwangen, kräftiges Kinn, halboffener Mund mit großen, vollen Lippen, eine Haarsträhne zwischen ihren Augen bis auf den Ansatz der Stupsnase… da öffnete sie plötzlich die Augen und erwischte mich schon wieder.

Ich versuchte so zu tun, als schaue ich aus dem Fenster, aber vergebens, sie hatte meinen Blick gesehen, und ich ihre Augenfarbe. Pechschwarz wie die Haare, unergründliche Teiche. Ich setzte mich kerzengerade hin und starrte zum Bildschirm. Das Blut pochte in meinen Schläfen.

Neben mir knisterte Stoff. Ich wandte den Kopf und schaute krampfhaft zum Fenster.

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