Roter Wein auf Lava

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Roter Wein auf Lava

Roter Wein auf Lava

Bernard

Auf nichts wächst Rotwein besser als auf Lava. Und nero profondo matura bianco, die schwärzesten Haare reifen zum leuchtendsten Weiß, heißt es in Sizilien. Aber dahin muss man erst mal kommen, wenn man auf dem Flug ins Blaue zunächst in der Blauen landet.

Ich konnte kaum schlafen in der Nacht vorher. Endlich Amerika sehen. Endlich aufbrechen, unterwegs sein, ankommen, erneut aufbrechen. Auf eigene Faust, neugierig, mit Notiz- und Skizzenbuch im Gepäck und tausend Wenn und Ob und Hoffentlich im Kopf. Ich fühlte mich lebendig.

Um sechs Uhr saß ich im Zug zum Flughafen. Um halb sieben fuhr ich die Treppen hoch und checkte ein. Die Schalterfrau brachte mich zum Erröten durch ihr wissendes Lächeln, als ich mich vor Nervosität verhaspelte; ja, das ist ein One-Way-Ticket. Endlich wieder mal einer, der auswandert, dachte sie wohl. Ich wanderte ja auch aus, ins Land meiner Mutter, vorläufig für mein Studium, und dann, wer weiß? Ein Flug ins Blaue.

Zollkontrolle, dann fremde, interessant riechende Gänge. Zollfrei einkaufen. Ich hatte nicht viel Geld und kaufte nichts. Die kleine, schlanke Frau vor mir schon. Sie trug ein blaues Kostüm und eine rote Tasche. In diese legte sie ein teures Parfüm. Wie hübsch sie war, und wie kurz ihr Jupe. Pechschwarze Haare wie ich, und weiße Seidenstrümpfe. Ich trug eine weiße Sommerhose und ein rotes T-Shirt. Gleiches Rot wie ihre Tasche. Wenn die neben mir sitzen würde.

Ich traute meinen Augen nicht. Sie saß zwar nicht direkt neben mir, eine andere, Große Frau befand sich zwischen uns, aber da war sie, die Blaue. Sie saß am Fenster, dann kam die Große, dann ich, der Platz rechts von mir blieb leer. Ich strich mir durch meine schulterlange, schwarze Mähne und war aufgeregt. Weil es mein erster Flug war, weil ich endlich abheben würde, und wegen der Blauen dort am Fenster. Sie hatte den Blazer ausgezogen. Ihre Bluse war leuchtend weiß und ärmellos. Somit ragten sowohl oben als auch unten reizende Extremitäten aus ihren Kleidern. Sie hob die Arme und fuhr sich mit gestreckten Fingern durch das dichte Haar, grad wie ich eben. Pechschwarz wie meins, pechschwarz wie das kleine Büschel, das unter ihren Achseln hervorblitzte. Die Blaue erwischte meinen Blick, und mir blieb vor Schreck das Herz stehen. Dann lächelte sie, ich atmete auf, aber mein Herz klopfte weiter. Noch schneller.

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